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26.04.2013

DR. WATSON News

Mäuse aufgepasst: Dieses Getränk kann Eure Gesundheit gefährden! Für Menschen sind solche Warnungen entbehrlich, sagen die Behörden. Soft Drinks seien "sicher", obwohl 180.000 Konsumenten im Jahr daran sterben.
DR. WATSON

Wenn Mäuse Cola trinken....

Arme Nager: Horror-Blutwerte schon nach acht Wochen

…dann werden sie zuckerkrank, sie verkalken, und herzkrank werden sie auch. Dazu kriegen sie Nierenschäden und Leberkrankheiten. Jedenfalls gibt es in ihrem Blut deutliche Warnzeichen für solche Cola-Folgen. Das ergab jetzt eine wissenschaftliche Studie. Den Menschen geht es übrigens nach Cola-Konsum auch nicht besser, wie gleich mehrere aktuelle Forschungsergebnisse zeigen. Die Behörden sehen allerdings keinen Grund zum Einschreiten.

Dabei scheint Cola eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit zu sein, wie sich jetzt eindrucksvoll bei den Testmäusen zeigte.

Sie wurden von ihren Betreuern in einen eigens ausgetüftelten Soft-Drink-Kosmos versetzt. Das Team um Zusatzstoffforscherin Matilde Otero-Losada von der Buenos Aires Universität unterteilte ihre 48 Versuchsnager beiderlei Geschlechts in drei Gruppen: In einer Gruppe durften sie so viel Cola trinken, wie sie mochten – in der Classic-Version mit Zucker. Die anderen mussten sich verhalten wie besonders figurbewusste Mäuse: Sie bekamen eine Art Cola light, gesüßt mit den üblichen Zuckerfrei-Chemikalien Aspartam und Acesulfam K (E950 und 951) – und davon ebenfalls so viel sie wollten.

Eine weitere Gruppe bekam nur: Wasser, pur. Was äußerst karg klingt, erwies sich für die Betroffenen als ausgesprochener Glücksfall, und zwar umso mehr, je länger die Trink-Tests mit wöchentlichen Gesundheitstests samt Blutprobe dauerten.

Denn bei den armen Colamäusen zeigte sich binnen kurzem starke Arterienverkalkung (eine sogenannte „atherosklerotische Plaquebildung“) – und zwar sowohl in der Classic-Gruppe mit der gezuckerten Variante als auch in der Cola-Light-Riege. Das ergab die Studie, die jetzt im Fachblatt Cardiovascular Diabetology veröffentlicht wurde.

Bei den Mäusen aus der Zuckergruppe stiegen auch Zucker- und Fettgehalt im Blut an, was das Risiko für Diabetes sowie Herzkrankheiten erhöht. Bei ihren Süßstoff-Freunden deutete sich eine Störung der Nierenfunktion an: Sie litten vor allem unter erhöhten Kreatinin- und Harnstoffwerten im Blut, die auf Schäden in der „Kläranlage des Körpers“ hindeuten. Die Niere muss schließlich Schadstoffe aus dem Blut herausfiltern und wird offenbar durch zu viel Cola-Light überlastet. Zudem fanden sich auch bei den Süßstoff-Trinkern Stoffe im Blut, die gemeinhin als Indikatoren für Leber- oder Skelettmuskelerkrankungen sowie einen Herzinfarkt gelten.

Das süße Leben hat offenbar vielfältige Folgen – selbst lange nach Absetzen von Zucker und Zuckerersatz: Sogar noch nach der Süß-Diät (in der sogenannten „Wash-Out-Phase“), verengten sich die Blutadern in der Zucker-Gruppe weiter. Auch litten die Light-Nager weiter unter zu hohen Kreatinwerten. Die Werte bei den Blutfetten, die auf Herzprobleme hindeuten, verschlechterten sich sogar noch, ebenso die Indikatoren für Nierenprobleme.

Glück für die Wasserschlucker unter den Testmäusen: Sie blieben im Vergleich zu ihren colatrinkenden Artgenossen kerngesund, zeigten nur die für diese stressigen Laborbedingungen und die Versuchsdauer zu erwartenden Veränderungen.

Ach so, Cola ist nichts für Mäuse?

Nie würde eine Maus freiwillig zum Cola-Automaten gehen!

Kein Wunder, wenn sie krank werden, könnten jetzt die Tierfreunde sagen: Es grenzt ja an Tierquälerei, wenn die armen grauen Nager mit dem braunen „Kultgetränk“ (Slogan: „Mach dir Freude auf“) traktiert werden. Cola ist ja völlig artwidrig. Die armen Mäuse sind offensichtlich nicht dafür geschaffen.

Und die Menschen?

Nach Daten der amerikanischen Harvard-Universität vom vorigen Monat sterben jährlich 180.000 Menschen weltweit an den Folgen der Soft-Drinks – durch die Zuckerkrankheit Diabetes, Herzkrankheiten, Krebs.

In Mexiko, Weltrekordler beim Pro-Kopf-Verzehr, starben binnen sechs Jahren eine halbe Million an den Folgen der Süßgetränke – mehr als im Drogenkrieg ums Leben kamen.

Es gibt Berge von Studien, die die Gesundheitsfolgen der Soft-Drinks belegen.

So wies der französische Medizinforscher Guy Fagherazzi in einer Studie mit 66118 Frauen, nach, dass das Risiko für Typ 2 Diabetes durch Soft-Drinks deutlich stieg, sowohl durch gezuckerte Softdrinks als auch durch künstlich gesüßte. Die Frauen wurden 14 Jahre lang beobachtet, die gefährlichen Effekte zeigten sich bereits bei Mengen zwischen 359 und 603 Milliliter pro Woche.

Im Januar hatten auch Harvard-Forscher eine neue Untersuchung veröffentlicht, nach der das Risiko für die Zuckerkrankheit Diabetes durch solche Soft Drinks ansteigt.

In Neuseeland werden jetzt schon Warnhinweise gefordert: Ein Untersuchungsrichter urteilte im Februar, dass die erst 30jährige Natasha Harris drei Jahre zuvor nicht „zu dem Zeitpunkt und auf diese Art“ gestorben wäre, wenn sie nicht „sehr große Mengen“ Cola getrunken hätte.

Coca-Cola wies die Vorwürfe zurück: Jedes Getränk sei im Übermaß ungesund – „einschließlich Wasser“.

Das sehen die Cola-Mäuse natürlich anders. In ihrer Versuchs-Gemeinschaft ging es den Cola-Konsumenten deutlich schlechter als den Wassertrinkern, was auch mit den Inhaltsstoffen des „Kultgetränks“ zusammenhängen könnte:

Der braune Trank enthält überhaupt keine Zutaten, die gesundheitlich nicht zumindest umstritten sind. Das beginnt schon mit der Farbe: 150d, gilt in Amerika als krebsverdächtig, in Europa nicht.

Die Phosphorsäure in der Cola kann als „Knochenkiller“ wirken, weil sie den Kalk löst, zugleich aber auch zur Verkalkung der Blutbahnen und mithin zu Herzleiden führen. Und der Zucker ist Auslöser einer ganzen Fülle von Gesundheitsproblemen. Er macht nicht nur dick, zuckerkrank, herzkrank, selbst bei Krebs und Alzheimer steht er im Verdacht, und bei Hyperaktvität unter Kindern und Jugendlichen.

Die deutschen Behörden allerdings sehen keinen Grund zum Einschreiten gegen die allgegenwärtige Krankheitsquelle.

Erst in dieser Woche hatte sich das Bundesinstitut für Risikobewertung, die wichtigste staatliche Stelle in Deutschland zur Einschätzung von Nahrungsrisiken, mit der überraschenden Erkenntnis an die Öffentlichkeit gewandt, dass „Lebensmittel“ heute „sicherer und qualitativ deutlich besser“ seien als früher.

Wenn Menschen „Lebensmittel als potentielle Bedrohung ihrer Gesundheit“ betrachteten, dann sei das „grundfalsch“. Im Gegenteil “steigt die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln stetig“, so BfR-Abteilungsleiterin Gaby-Fleur Böl.

Die Lebensmittel sind allesamt sicher, und dennoch sterben 180.000 Menschen an Soft Drinks?

„Man kann auch an einem sicheren Nahrungsmittel erkranken oder sterben, wenn man zuviel davon zu sich nimmt“, sagte Böl auf Anfrage von DR. WATSON.

„Sicher“ im Sinne der Vorschriften bedeute lediglich, dass Nahrungsmittel „frei sind von krankmachenden Erregern, Bakterien oder Viren.“ Oder auch „chemischen Verunreinigungen.“ Dafür seien die Hersteller verantwortlich.

Zucker oder Zusatzstoffe gefährden die „Sicherheit“ aus amtlicher Sicht nicht, auch wenn sie im Übermaß ungesund sind. Dafür aber seien nicht die Hersteller verantwortlich, die diese einsetzen, sondern die Verbraucher, die sie konsumieren, meint Risikowächterin Böl.

„Ich muss bei jedem Lebensmittel selbst entscheiden, wie viel und wie oft ich davon verzehre. Zucker kann schädlich sein. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden. Die Dosis macht das Gift. Und Menschen können durch ihr Ernährungsverhalten selbst steuern, wie viel sie von einem Lebensmittel aufnehmen.“

Wenn die Leute davon also krank werden, dann sind sie letztlich selber schuld. So die amtliche Sicht der Dinge. Jeder muss sich selbst schützen, so gut es geht.

Die Nager haben es da gut: Wenn sie nicht grade Labormaus sind, kommt Cola in ihrem Kosmos gar nicht vor.

Mehr über Soft Drinks, Zucker und die Schattenseiten des süßen Lebens:
Hans-Ulrich Grimm
Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht
Droemer Verlag 304 S. € 18,00
ISBN: 978-3-426-27588-7