Monsanto ist der modernste und zugleich der umstrittenste aller Agro-Konzerne. Die Firma hat sich ganz dem industriellen Umbau der Natur verschrieben, ist führend bei Hormonen etwa für Milchkühe, aber auch ganz vorn bei Giften und Gentechnik. Der Konzern mit Sitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri (Jahresumsatz 7,3 Milliarden Dollar, etwa 5 Milliarden Euro) ist daher Lieblings-Hassobjekt bei Gen-Gegnern und Naturfreunden. Der deutsche Chemieriese Bayer glaubte, dies ignorieren zu können, übernahm den umstrittenen Laden in der Hoffnung auf glänzende Profite – und wurde mit Milliardenklagen sowie einer Halbierung des Aktienkurses bestraft, und zwar binnen eines halben Jahres.
Ein beispielloser Fall von Geldvernichtung aus Geldgier, ohne Rücksicht auf die Opfer, und vielleicht auch ein Fall von ausgleichender Gerechtigkeit für die knapp 15.000 Betroffenen, die klagten.
Im ersten Fall ging es um einen Mann namens Dewayne Johnson. Er war Hausmeister und Platzwart auf mehreren Sportanlagen, hatte dort das Monsanto-Mittel Roundup versprüht – und mit 46 Jahren Lymphdrüsenkrebs im Endstadium, was er auf das Mittel zurückführte und Bayer natürlich bestritt. Doch die Richter entschieden für den kranken Mann: Sie sprachen ihm 39 Millionen als eigentlichen Schadenersatz zu und verdonnerten die Giftfirma zusätzlich zu 250 Millionen Dollar »Strafschadensersatz«, zusammen also 289 Millionen Dollar. Später wurde die Summe herabgesetzt auf insgesamt 78 Millionen Dollar.
Bald darauf aber setzte es sogar eine Milliardenstrafe, im Fall der Eheleute Alva und Alberta Pilloid, die beide an Lymphdrüsenkrebs litten, ebenfalls aufgrund von Roundup-Einsatz, wie die Richter befanden. 55Millionen Dollar bekam das Ehepaar als Schadenersatz zugesprochen, zwei Milliarden Dollar musste Bayer zusätzlich noch bezahlen, als »Strafschadensersatz«, wie diese juristische Form ausgleichender Gerechtigkeit genannt wird (Punitive Damages). Es geht darum, einen Schaden bei Konsumenten nicht nur auszugleichen, sondern die Verursacher auch noch zu bestrafen. Auch hier wurde die Strafe schließlich auf 86,7 Millionen Dollar herabgesetzt.
Monsanto hat sich seinen schlechten Ruf über Jahrzehnte hart erarbeitet. Sie will, in den Augen ihrer Gegner, Frankenstein-Nahrung mit allen Mitteln unters Volk bringen – auch gegen Volkes Willen.
Die Milliardenklagen zeigen, dass sich das auch finanziell rächen kann - was der deutsche Erwerber, der Bayer Konzern, offenbar nicht bedacht hatte.
Monsanto profitierte seit langem von höchst umstrittenen Produkte: Agent Orange beispielsweise, das berüchtigte Entlaubungsmittel aus dem Vietnamkrieg.
Monsanto ist die Firma, die den kanadischen Bauern Percy Schmeiser auf eine Million kanadische Dollar Schadensersatz verklagt hatte: Dem Farmer hatten die benachbarten Gen-Äcker den Raps kontaminiert. Monsanto sah darin eine unerlaubte Anpflanzung ihrer Patentpflanze und ging vor Gericht. Nach mehreren Instanzen obsiegte der Bauer.
Monsanto hat die Firma Calgene übernommen, die die gentechnisch manipulierte Anti-Matsch-Tomate „Flavr Savr" erfunden hat.
Monsanto hat schließlich die genmanipulierte Sojabohne erfunden, die gegen das hauseigene Unkrautgift Roundup immun ist. Und Gen-Mais, Gen-Reis.
Monsanto hat ein Hormon auf den Markt gebracht, das gentechnisch hergestellt wird. Es heißt rbST (recombinant bovine Somatotropin). Es wird verkauft unter dem Namen Posilac. Es führt dazu, dass die Kuh mehr Milch produziert. Der Konzern hat dafür eine Menge Geld ausgegeben, 300 Millionen Dollar. 30 Prozent der Milchkühe in den USA werden nach einer Regierungserhebung gedopt. Nach Branchenschätzungen macht das Unternehmen mit dem Mittel Jahr für Jahr einen Umsatz von mehreren hundert Millionen Dollar.
Die Firma bekämpfte auch Molkereien »aggressiv«, so die Chicago Tribune, die dem Verbraucherwunsch nach mehr Natur entgegenkommen und auf ihre hormonfreie Milch hinweisen wollten, etwa die Eiscreme-Firma Ben & Jerry, die ein naturnahes Image pflegt, warben mit ihren Produkten, die von ungedopten Kühen stammten.
Molkereien in den US-Staaten Maine und Illinois schrieben auf Milchpackungen, sie seien gegen das Turbo-Hormon. Sie wurden gezwungen, auch zu erwähnen, dass die US-Lebensmittelbehörde FDA der Auffassung sei, es gebe keinen Unterschied zwischen Milch von Turbokühen und der von anderen.
Monsanto ist auch Hersteller unmstrittener Tierfutter-Zusätze wie etwa »Ethoxyquin« (Monsanto-Marke: „Santoquin“).. Der Stoff ist unter dem Kürzel E324 zugelassen als Zusatzstoff, und außerdem als Schädlingsgift im Einsatz.
Die Substanz galt manchen als Horror-Chemikalie: Ein Rottweiler-Züchter berichtete von einem Hund, der an Leberkrebs gestorben war. Ein Züchter von Deutschen Schäferhunden meldete Mundkrebs bei einem seiner Hunde. Eine Züchterin für Pudel und Collies beobachtete plötzlich, dass Hündinnen, die zuerst »wie ein Uhrwerk« regelmäßig Nachwuchs geworfen hatten, nun plötzlich auffällige Lustlosigkeit an den Tag legten. Einige Welpen kamen gar mit Missbildungen zur Welt, ohne Beine, Schwänze oder Geschlechtsorgane. Eine Tierärztin berichtete von bizarr missgebildeten Kälbern, bei denen die Augen auf der Rückseite des Kopfes lagen, die ohne Ohren zur Welt gekommen waren, oder auch mit Beinen, die falschherum angewachsen waren. Die Ursache war, so vermuteten jedenfalls die argwöhnischen Fachleute, diese Substanz (siehe Hans-Ulrich Grimm: Katzen würden Mäuse kaufen).
Die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA (Food and Drug Administration) fand die Berichte indessen nicht besorgniserregend genug, um die Chemikalie vom Markt zu nehmen.
Schließlich gab es genug Studien, unter anderem auch solche von der Herstellerfirma Monsanto, die der Chemikalie Unbedenklichkeit attestierten.