Mit Buttergelb kann Margarine so gefärbt werden, dass sie aussieht wie Butter. Der Farbstoff war einer der ersten chemischen Zusatzstoffe, bei denen die gesundheitlichen Nebenwirkungen offenbar wurden - und der deshalb die Fachleute aufschreckte. Denn der Zusatz (wissenschaftlich: 4-Di-methylaminoazobenzol) kann Krebs auslösen. Er gilt daher auch als Musterbeispiel für chemische Ingredienzen, die von der Nahrungsindustrie jahrelang ohne jede Gesundheitsprüfung ins Essen gemischt wurden - und erst spät wieder aus der Nahrungskette entfernt wurden. Der Fall zeigt, dass die Gesundheitsbehörden mit dem Erfindungsreichtum der Chemiker nicht immer Schritt halten können.
Buttergelb gehört zur Gruppe der sogenannten Azofarbstoffe. Eine japanische Studie hatte schon 1937 gezeigt, daß der Stoff Leberkrebs bei Ratten hervorrufen kann. Buttergelb wurde in Deutschland 1938 verboten. In der Schweiz und anderen Ländern war er noch bis in die 40er-Jahre erlaubt. Buttergelb galt bei einer internationalen Konferenz mit Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welternährungsorganisation FAO im Jahre 1956 als besonders eindrucksvolles Beispiel für die Nebenwirkungen chemischer Nahrungszutaten.
Fütterungsversuche in Deutschland hatten ergeben, daß sich die krebserzeugende Wirkung »völlig irreversibel«, so die Deutsche Medizinische Wochenschrift, über die gesamte Lebenszeit erstrecke und daß sich die einzelnen Gaben des Stoffes dabei summieren. Und, völlig überraschend: die »fortgesetzte Gabe kleiner Dosen« war wesentlich schlimmer als die Behandlung mit wenigen, größeren Portionen von »Buttergelb«.
Das schockte die Experten, so die Zeitschrift: Das »Besondere bei solchen Giften« wie dem Buttergelb sei, daß auch »kleine Einzeldosen besonders gefährlich sind, wenn sie dauernd, womöglich von Jugend auf über ein ganzes Leben auf den Menschen wirken.« Und das sei ja »gerade bei Lebensmittelzusätzen« der Fall.
Die internationale Konferenz forderte deshalb damals einstimmig: »Absichtliche Lebensmittelzusätze« sollten »grundsätzlich« verboten werden. »Ein Lebensmittelzusatz darf nur dann erlaubt werden«, so proklamierten die Konferenzteilnehmer, wenn »durch ausreichende wissenschaftliche Belege nachgewiesen« sei, »daß seine Anwendung ungefährlich für den Verbraucher ist.«
So beschloss deshalb das gemeinsame FAO/WHO-Expertenkomitee: »Das Komitee ist der Ansicht, daß die gesetzliche Kontrolle der Lebensmittelzusätze auf dem Prinzip der ›erlaubten Liste‹ beruhen soll. Dieses Verfahren verhindert wirksam die Zugabe irgendwelcher neuer Substanzen zu Lebensmitteln, solange nicht eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung ihrer Freiheit von gesundheitlichen Gefahren sichergestellt ist. Der Schutz der allgemeinen Gesundheit ist unmöglich, wenn Hersteller neue Substanzen verwenden dürfen, bevor ausreichende Untersuchungen ihre Zuträglichkeit für diesen Gebrauch erwiesen haben. Die gegenteilige Methode einer 'Verbotsliste' könnte eine beträchtliche Gefährdung für die Allgemeinheit mit sich bringen, weil sie die Verwendung eines schädlichen Zusatzes für mehrere Jahre ermöglichen kann, bis die Anhäufung genügender Beweise dazu ermächtigt, diesen auf die Verbotsliste zu setzen.«
Von diesem Prinzip sind die Staaten längst abgekommen, auch hat die Lobby der Nahrungshersteller stark an Einfluss auf die Wissenschaft (Interessenkonflikte) gewonnen und kann in den maßgeblichen Gremien, die die weltweit gültigen Regeln bestimmen, ganz direkt mitbestimmen, im Codex Alimentarius, gewissermaßen der Weltregierung in Sachen Nahrungsmittel.