Glutaminsäure kommt im menschlichen Organismus vor, ist aber auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Es soll Sportlern helfen, Muskeln aufzubauen, Alte und Kranke vor Muskelabbau schützen. Die Säure vergrößere, so die Werbeversprechen, das Muskelzellvolumen, stimuliere Wachstumshormone, stärke das Immunsystem und wirke entzündungshemmend. Dank ihr könnten Darm, Nieren und Leber besser arbeiten, hohe Ammoniakwerte werden gesenkt, das Gehirn entgiftet, Hunger und Heißhunger reduziert und so auch das Übergewicht. Glutaminsäure soll Trainingsagressivität und -motivation steigern, Denkleistung und Konzentration fördern. Die Verzehrsempfehlung lautet fünf bis 30 Gramm Glutamin täglich, zehn Gramm seien eine gute Dosis für den Durchschnittssportler.
Zerfällt diese Aminosäure im Körper, bildet sich das sogenannte „Salz der Glutaminsäure“, Glutamat, als Zusatzstoff auch mit dem Kürzel E620 bezeichnet. Diese Substanz und ihre Abkömmlinge E621 bis E625 wirken als Geschmacksverstärker, zählen zu den umstrittensten aller Zusatzstoffe.
Die Glutaminsäure wurde erstmals 1866 von dem deutschen Forscher Karl Ritthausen aus Weizenprotein (»Gluten«) gewonnen. 1908 fand der japanische Professor Kikunae Ikeda heraus, weshalb ihm sein Tofu besser schmeckte, wenn er dazu einen Löffel Tangbrühe aß: dank der Glutaminsäure, von der im Tang sehr viel steckt. Schon ein Jahr später begann der Konzern Ajinomoto, benannt nach dem japanischen Wort für Glutamat, mit der Produktion des preisgünstigen Geschmacksersatzes. Mittlerweile ist die Firma Weltmarktführer in Glutamat, unterhält Filialen und Fabriken rund um den Globus.
Im Westen begann der Siegeszug des Geschmacksersatzes im Zweiten Weltkrieg: Damals entdeckten die amerikanischen Quartiermeister bei gefangen genommenen Japanern, dass deren Armeerationen »great« schmeckten – wofür das Glutamat verantwortlich gemacht wurde. Nach dem Krieg begann die amerikanische Food-Industrie, das weiße Pulver routinemäßig in die industriell gefertigten Speisen zu füllen.
Ursprünglich wurde die Glutaminsäure aus der Alge Laminaria Japonica gewonnen. Heute dienen dazu Bakterien von der Gattung Corynebacterium glutamicum, die den Stoff gewissermaßen ausschwitzen und dafür in ein Futterbad aus »einer zuckerhaltigen Substanz« (Glutamat-Informationsdienst) gelegt werden. Anschließend wird die Säure filtriert und weiterverarbeitet, bis schließlich das reine, weiße, salzartige Glutamat vorliegt.
Glutamat steht seit langem im Verdacht, bei der Entwicklung von so genannten neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle zu spielen, bei denen Nervenzellen zerstört werden, wie etwa Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose (MS) oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Auch bei Entstehung von Übergewicht soll es eine Rolle spielen, und bei den damit oft einhergehenden Erkrankungen wie der Zuckerkrankheit Diabetes.