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Maskieren

Manche Zusatzstoffe in der Nahrung für Menschen und Tiere werden nur eingesetzt, um unangenehme Geschmacksnoten zu übertünchen. Diesen Vorgang nennen die Fachleute »Maskieren«. Vor allem industrielles Aroma, aber auch Süßstoffe dienen diesem Zweck. Zumeist gilt es, bittere Geschmacksnoten zu übertönen. Der Nachteil: Der Bittergeschmack ist eigentlich ein Warnsignal, das den Körper davon abhalten soll, ungesunde Dinge zu verspeisen. Wenn er „maskiert“ wird, essen die Leute das Ungesunde trotzdem, weil das Bittersignal nicht bei ihnen ankommt, und können dadurch krank werden.

 

Bei der Industrienahrung für Menschen gibt es mitunter unangenehme Geschmäcker, die aus der Verpackung herrühren, oder auch von anderen Zusätzen. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen vor allem zugesetzte Chemikalien, wie etwa vermeintlich gesunde künstliche Vitamine, Mineralstoffe, aber auch Konservierungsmittel und sogar Süßstoffe.

 

Diese Bitternis kann maskiert werden, beispielsweise mit einem Stoff namens »Sclareolide«, den sich der Geschmacks-Gigant International Flavors & Fragrances (IFF) patentieren ließ. Damit kann der etwas bittere Süßgeschmack des Süßstoffes Aspartam ( href="https://food-detektiv.de/zusatzstoffe/?enummer=Aspartam">E951) »moduliert« werden. Ein »unangenehmer Nachgeschmack« kann gelöscht werden, ein frischer, voller Geschmack wird vorgespiegelt.

 

Die patentierte Chemikalie hat selbst überhaupt keinen Geschmack. Sie kann allerlei Süßes verbessern, wie beispielsweise Schokolade, Mousse, Kuchen, Eiscreme, ja sogar Süßweine, und kann laut Patentschrift auch eventuelle Bittertöne in Hundefutter, Salzstangen, Brezeln, Suppe und imitierten Käse beseitigen.

 

Die Heidelberger Firma Wild, wichtiger Zulieferer der Nahrungskonzerne, hat einen Bitterblocker mit dem Namen »Wild Resolver« entwickelt. Er verändert die bitteren Bestandteile im Essen so, dass die Zunge sie nicht mehr als bitter erkennt.

 

Das funktioniert laut Hersteller ebenso mit anderen unerwünschten Beigeschmäckern wie metallisch, brennend oder seifig. »Hervorragender Geschmack ist der wichtigste Faktor für den Markterfolg von Lebensmitteln und Getränken«, so die Firma Wild, die zum US-Foodkonzern Archer Daniels Midland (ADM) gehört.

 

Der »Resolver« dient erklärtermaßen dazu, die Warnmechanismen des Körpers auzutricksen: „Durch die Zugabe des Resolvers® können Bitternoten, Metallgeschmack und andere unerwünschte Geschmackseinflüsse in Lebensmitteln oder Getränken maskiert und der Eigengeschmack der Produkte deutlich verbessert werden.“

 

Manche Wissenschaftler sehen im Übertünchen der Bitterkeit gesundheitliche Gefahren. Bitterer Geschmack soll die Menschen eigentlich davon abhalten, schlechte, verdorbene oder andere ungenießbare Lebensmittel zu essen. Man müsse sich »darüber im Klaren sein, dass ein solcher Bitterblocker eine natürliche Schutzfunktion austrickst«, monierte der Immunologe Bernd Bufe.

 

Bei den Tieren gibt es den gleichen Mechanismus. Sie lehnen vor allem artwidrige Bestandteile des Tierfutters instinktiv ab: Tiermehl, Blutmehl, Medizinzusätze.

 

Daher maskieren die Futterkonzerne und ihre Zulieferer diese Geschmacksnoten. Dafür gibt es etwa »Spezialaromen« der Marke »Bigarol«. Sie dienen laut Herstellerprospekt vor allem diesem Zweck: »Bigarol-Spezialaromen für Tierfutter werden überall dort eingesetzt, wo unangenehm schmeckende Inhaltsstoffe maskiert werden sollen, um eine bessere Akzeptanz zu erreichen.«

 

Ein Zusatz namens Bigarol TroparomL täuscht etwa das Schwein über die wahre Zusammensetzung seines Futters hinweg, denn es sorgt für eine »frisch-fruchtige Himbeer-Erdbeer-Note unterlegt mit reifen Waldbeeren« und ist daher »bestens geeignet zur Aromatisierung von Problemfuttermitteln im Schweinefutterbereich«, wie die Herstellerfirma in ihrer Produktinformation schreibt.

 

Dabei muss es nicht jeden Tag Himbeer-Erdbeer sein, es gibt auch »fruchtig-grüne Birne mit frischer Tutti-Frutti-Note« oder »Marzipan veredelt mit einer cremigen Kokos-Vanille-Note«.

 

Für Kälber empfiehlt sich HerbaromL, denn das »vermittelt den typischen Geruch von frischem Heu einer Kräuterwiese« und »maskiert Bitterstoffe in Futtermitteln«, die auf der Wiese so nicht vorkommen.

 

Nachteil: Das Tier frisst Futter, das ihm nicht gut tut. Und auch der Mensch ist betroffen: Wenn Grasfütterung nur simuliert wird, fehlen natürlich in Milch und Fleisch von diesen Tieren all die gesunden Stoffe, die Gras und Kräutern zu verdanken sind, wie etwa Omega-3-Fette und CLA.