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17.02.2017

DR. WATSON Facts

Und wo sind die Krebserreger? Die kommen erst in der Nutella-Fabrik rein.
Verbraucherzentrale Hamburg

Nutella unter Krebsverdacht

Risikofaktor Industrie – vor allem für Kinder / Behörde schlägt Alarm

Ist Nutella krebserregend? Der Hersteller weist den Verdacht natürlich zurück. Die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa hat zwei Substanzgruppen für krebserregend erklärt hat, die bei der industriellen Produktion von Lebensmitteln vor allem aus Palmöl entstehen. Betroffen sind laut Efsa in erster Linie Kinder und Jugendliche – und vor allem Säuglinge, die ihre Milch aus dem Fläschchen bekommen. Kinder, die Milch von Mama und überhaupt echtes Essen ohne industrielle Einwirkung bekommen, sind natürlich fein raus.

Die gefährlichen Substanzen entstehen, wenn – wie für Nutella - beispielsweise Palmöl erhitzt wird. Die Substanzen, so die Efsa, „geben Anlass zu möglichen Gesundheitsbedenken“ vor allem „für Verbraucher in jüngeren Altersgruppen“.

Die Vorsitzende des zuständigen Efsa-Gremiums, die norwegische Lebensmittelsicherheitsexpertin Helle Knutsen, wirkte selbst ganz erschrocken, als sie die Gefährdung der ganz Kleinen entdeckte – durch Fläschchenmilch: Die Gefährdung „von Säuglingen, die ausschließlich Säuglingsanfangsnahrung zu sich nehmen, ist besonders besorgniserregend, da sie den für die öffentliche Gesundheit als unbedenklich geltenden Wert bis zum Zehnfachen übersteigt“.

Aber auch die Mengen, die die anderen Kinder und Jugendlichen aufnehmen, überstiegen die Toleranzgrenze und seien „potenziell gesundheitsbedenklich.“ Bei Verbrauchern ab drei Jahren, so die Efsa, „waren Margarinen sowie Backwaren und Kuchen die Hauptquellen“ für die krebserregenden Substanzen.

Die Efsa hatte im Jahr 2016 zwei Gruppen von Substanzen für krebserregend erklärt: Zum einen die sogenannten Glycidyl-Fettsäureester (GE), zum anderen 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) und 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD). Ihre krebserregende und erbgutschädigende Wirkung, so die Efsa-Sicherheitsexpertin Knutsen, sei „hinreichend nachgewiesen“.

Die Kinder sind besonders gefährdet, weil sie, wie noch nie zuvor eine Generation, mit Nahrung aus industrieller Produktion aufwachsen. Und die Krebserreger, die die europäischen Lebensmittelwächter jetzt entdeckt haben, werden durch die industrielle Herstellung überhaupt erst geschaffen: Es sind, laut Efsa, sogenannte „Prozesskontaminanten“, die bei der Erhitzung auf über 200 Grad entstehen.

Und es ist nicht nur Palmöl: Auch andere Öle können, wenn sie erhitzt werden, die Krebssubstanzen bilden, so die Stiftung Warentest, die die Schadstoffe auch in anderen Produkten gefunden hatte: „Ein schlecht raffiniertes Sonnenblumenöl kann durchaus stärker mit Fettschadstoffen belastet sein als ein gut raffiniertes Palmöl.“ Auch das krebsverdächtige Acrylamid entsteht bekanntlich erst beim Erhitzen – und wird zum Problem erst durch die massenhafte Erhitzung bei industriellen Produktionsverfahren.

Die eigentliche Gefahrenquelle ist also nicht das Öl, oder sonst ein Rohstoff, sondern der industrielle Produktionsprozess.

Es muss ja in den Food-Fabriken, anders als beim echten Essen zuhause, alles haltbar gemacht werden. Nicht den Kindern zuliebe, sondern weil es den Interessen der Firmen, auch der Supermarktketten entspricht. Weil diese Interessen im Vordergrund stehen, und nicht die Bedürfnisse der Kinder, kommen solche Schadstoffe ins Spiel, die die Gesundheit der Kinder bedrohen.

Nutella-Hersteller Ferrero beteuerte zwar: "Nutella ist ein absolut sicheres Produkt." In seinen Fabriken würde das Palmöl nur auf weniger als 200 Grad erhitzt.

Tatsächlich hatte die Stiftung Warentest In Nutella-Gläsern die Krebsgifte nur in geringen Mengen gefunden. Aber es hilft ja nichts: Einen „sicheren Wert“, bei dem eine Gefährdung ausgeschlossen ist, gibt es nicht, so die EU-Lebensmittelwächter.

Hans-Ulrich Grimm arbeitet an einem Buch über Kinderernährung, das im Herbst 2017 im Droemer Verlag erscheinen wird.