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23.03.2011

DR. WATSON News

Streit über Frühgeburten durch Süßstoffe

Europäische Lebensmittelbehörde weist erneut Verdacht zurück

Die Gefahren von Süßstoffen für Schwangere und ihre Kinder sind weiter umstritten. Dänische Forscher hatten auf ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten hingewiesen, doch die europäische Lebensmittelbehörde Efsa sieht nach einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme keinen Anlass für Maßnahmen gegen die künstlichen Zusätze. Auch neue Hinweise auf Krebsrisiken durch den Süßstoff Aspartam (E951) hält die Behörde nicht für relevant. Die Industrie zeigt sich erfreut über die Entscheidung.

Die Wirkung des Verzehrs von Süßstoffgetränken auf den Verlauf der Schwangerschaft untersuchte Studienleiter Thorhallur Halldorsson aus der dänischen Haupstadt Kopenhagen mit amerikanischen und isländischen Kollegen in einer großen Studie an fast 60.000 schwangeren Frauen.

Dazu erfassten die Mediziner vom Statens Serum Institut in Kopenhagen das Ess- und Trinkverhalten der jungen Frauen aus Dänemark in Fragebögen und beobachteten dazu den Ablauf der Schwangerschaft, vor allem den Geburtstermin.

Ihr Ergebnis: Frauen, die mindestens eine Light-Limonade pro Tag tranken hatten ein 38 Prozent höheres Risiko für eine Frühgeburt im Vergleich zu denen die nur Getränke ohne Kunstsüße verzehrten. Das Risiko stieg auf bis zu 80 Prozent für diejenigen Damen, die täglich mindestens vier Diätbrausen tranken.

“Ein Konsum dieser Art von Produkten könnte für Schwangere nicht angeraten sein“ so Studienleiter Halldorsson gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters Health.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass das Risiko durch die Kunstsüße höher war bei Soft Drinks mit Kohlensäure. Zuckergesüßte Getränke zeigten diese Wirkung nicht. Auslöser für die Frühgeburten könnte nach Meinung der Mediziner der Alkohol Methanol sein, welcher beim Abbau des Süßstoffes Aspartam im Körper entsteht.

Für den Frühgeburtseffekt spielte das Gewicht der Schwangeren keine Rolle. Auch andere Störfaktoren, die in solchen epidemiologischen Studien üblicherweise mitbedacht werden müssen, wie beispielsweise das Alter der Schwangeren, Zigarettenrauchen, Einkommen, Beruf, Lebensstandard, wurden statistisch herausgerechnet.

Trotzdem bemängelt die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa (European Food Safety Agency) im italienischen Parma, dass der Zusammenhang nicht eindeutig sei. Unter anderem auch, weil die Brausen in der Regel nicht nur einen Süßstoff enthalten sondern meist einen Mix aus verschiedenen chemischen Süßungsmitteln.

Diese Kombinationseffekte sind bislang kaum bekannt, werden in Fachkreisen aber als besonder bedenklich eingeschätzt, siehe DR. WATSON NEWS vom 04. April 2006 .

Weder die dänische Studie noch neue Erkenntnisse italienischer Forscher sieht die Efsa als schwerwiegend genug an, die Sicherheit der Süßstoffe zu bezweifeln.

Das Ramazzini Institut im italienischen Bologna hatte im vergangenen Herbst eine neue Studie zu Aspartam vorgelegt. Das Institut unter der wissenschaftlichen Leitung von Direktor Morando Soffritti beschäftigt sich seit knapp 30 Jahren mit dem umstrittenen Süßstoff Aspartam und seiner womöglich krebsfördernde Wirkung.

In ihrer neuesten Studie erfassten sie ein durch Aspartam erhöhtes Risiko, bösartige Tumore bzw. Krebs zu entwickeln. In ihren Untersuchungen zeigten sich vor allem Krebsgeschwüre an Leber sowie Lungen. Und das bereits bei einer täglichen Dosis von 20 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht – der Hälfte des in Europa als unbedenklich erlaubten Grenzwertes (ADI-Wert = Average Daily Intake) für die Aufnahme dieser bedenklichen Kunstsüße (40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht).

Vor allem die dauerhaften Nutzer des Süßstoffs sind nach den Erkenntnissen der Ramazzini-Forscher gefährdet. Sie hatten die Gesundheitsfolgen bei den Versuchstieren bis zu deren natürlichem Tod beobachtet. Die übliche kurze Test-Dauer könne die Folgen gar nicht zeigen, so der Ramazzini-Direktor:

"Hätten wir die Experimente gestoppt, als die Ratten 110 Wochen alt waren," so Dr. Soffritti, "hätten wir höchstwahrscheinlich die Karzinogenität dieser wichtigen industriell eingesetzten Stoffe gar nicht zeigen können."

Die Süßstoffindustrie hingegen zeigte sich erfreut über die Haltung der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde.

Ailbhe Fallon, Sprecherin des weltweit größten Aspartamherstellers, dem japanischen Konzern Ajinomoto, äußerte sich befriedigt über die „klare und unumwundene Aussage“ der EFSA.

Auch der Internationale Verband der Süßstoffhersteller begrüßt die Entscheidung: „Besonders in Zeiten, in denen die Risiken durch Übergewicht und Adipositas, wie etwas Diabetes Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen, die größten Herausforderungen an die öffentliche Gesundheit darstellen, ist es unverantwortlich, die betroffenen Bevölkerungsgruppen über ihre Möglichkeiten zur Gewichtskontrolle zu beunruhigen.“

Mehr über den Süßstoff finden Sie in der DR. WATSON DATENBANK, Stichwort Aspartam .

Sowie in den DR. WATSON NEWS vom 10. Mai 2007 und DR. WATSON NEWS vom 10. Juli 2007 .