Zurück
11.01.2024

DR. WATSON Kommentar

Völker, hört die Traktoren!

Food Trends 2024: Bauernproteste, mehr Künstlichkeit, Drinks mit Fleischgeschmack

Ob klein, ob groß: Essen & Trinken geht alle an.
Foto: Netzfund

Widerstandswelle zum Jahresauftakt. Politik und Medien empört. Hans-Ulrich Grimm über die Bedeutung der Ernährung und die Frage, was sie uns wert ist.



Das fängt ja gut an, dieses Jahr! Dabei hatten sie sich das so einfach vorgestellt, die an der Staatsspitze: Einfach den Bauern ein bisschen Geld wegnehmen, und das dann in aller Welt verteilen.

 

Und jetzt machen die da unten so einen Aufstand! Konnte ja auch keiner ahnen, dass das so viele sind, und auch noch diese riesigen Traktoren haben!

 

Man muss das verstehen: Viele unserer Regierenden hatten bisher noch nicht so viel Kontakt mit der Wirklichkeit da draußen.

 

Und für das Essen haben sie sich ja sowieso nicht so interessiert. Es gibt ja schließlich Wichtigeres! Und die paar Bauern... 

 

Jetzt zürnt die Regierung, und ihre Medien sind empört. Was erlauben Bauer! Und das Volk applaudiert auch noch! Erklärt sich solidarisch mit diesem #Mistgabelmob!

 

Das passt ihnen überhaupt nicht, den Herrschenden. Es ist auch irgendwie in Vergessenheit geraten. Dass vom „Volke“ die Macht ausgeht. Sogar die „Staatsgewalt“! Steht echt so im Grundgesetz.

 

Hatten sie auf ihrem Regierungsraumschiff wohl irgendwie übersehen, vor lauter Transformationsakrobatik, mit der sie sich um Lichtjahre von der Wirklichkeit entfernt haben.

 

Völlig losgelöst...

Völlig losgelöst, von der Erde...  So heißt es im Lied von Major Tom, der mit seiner Raumkapsel einem weißen Licht folgt, und irgendwann völlig entschwebt.

 

Die aktuellen Food-Trends sind übrigens ähnlich außerirdisch. Für 2024 prophezeit die New York Times beispielsweise Cocktails mit Fleischgeschmack, ganz nach herrschendem Zeitgeist: Steak bäh, Chemie supi!

 

„Auf dem Vormarsch“ sei weiterhin die „ultra-verarbeitete“ Nahrung mit Tiefkühlpizza, Milchdrinks, Vitaminprodukten, Snacks aus dem Plastikpack. Jene „giftige Lebensmittelgruppe“, wie die Trendforscher sagen, die zu zahlreichen Krankheiten führt, deren Behandlung einen wachsenden Aufwand erfordert.

 

Habeck auf dem Kutter

Die zuständige Branche, der medizinisch-pharmazeutische Komplex, boomt übrigens und expandiert (mehr dazu hier), zur Freude unserer Regierung und des zuständigen Wirtschaftsministers, aktuell bekanntlich Robert Habeck von den Grünen.

 

Der sah sich jüngst einer unfreundlichen Ansammlung von Untertanen gegenüber, die ihn am Landungssteg seiner Fähre "empfingen" (Die Zeit). Und musste sich danach auch noch verspotten lassen: „Bangt der Bauer um die Butter, bleibt der Habeck auf dem Kutter“.

 

Der Unmut steckt offenbar tief. Es geht bei den Bauernprotesten nicht nur ums Geld. Sondern auch um Arroganz und Hybris unserer Regierenden. Und um die Entfremdung und Ignoranz gegenüber der Natur, der Schöpfung, und denen, die sie uns erschließen. Für unsere Ernährung, immerhin die Basis unserer Existenz, und damit unserer Zukunft.

 

“No Farmers. No Food. No Future”, lautet eine der neuen Bauernweisheiten, die sie mit ihren Traktoren ins Land tragen.

 

Die Bauern sind zwar auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie sind nicht mehr der stolze "Nährstand" von einst, sondern oft nur den Anfang einer langen Verarbeitungskette.

 

Aber sie halten, bei aller Technisierung und massivem Chemieeinsatz, den Kontakt zur Natur. Sie bilden sozusagen die bodenständige Basis für einen zunehmend abgehobenen Überbau aus Ideologie in Medien und Politik. Das verschafft den Rebellierenden viele Sympathien, bei den Leuten. Bei den Leitmedien eher nicht, die schnauben von „Frechheit“. Denen geht’s wohl zu gut, da auf dem Land!

 

Landluft tut gut

Tatsächlich leben viele dort nicht schlecht. Einige sind sogar ziemlich reich. Zuletzt haben sie einkommensmäßig noch zugelegt. Das Land scheint ihnen generell gutzutun, jedenfalls sind ihre Kinder gesünder, widerstandsfähiger, haben weniger Allergien, werden seltener krank, haben sogar weniger Erkältungen. Das kam bei diversen Bauernhofstudien in aller Welt heraus.

 

Doch immer mehr Bauersfamilien müssen aufgeben. Seit Jahrzehnten schrumpft die Zahl der Betriebe. Wen trifft es als nächstes? Da geht es tatsächlich um die Existenz. Auch um unsere.

 

„Gibt es keine Bauern mehr, bleibt der Kühlschrank eben leer“, prophezeit die aktuelle Bauernregel. 

 

Die tonangebenden Medien halten dagegen: Die Dörfler sollten sich bloß nicht so anstellen. Als ob wir ohne sie verhungern müssten! Deutschland sei gar nicht sooo abhängig von den heimischen Bauern, meinte ein Professor im Interview. Es gebe einen großen internationalen Markt für Lebensmittel. Und die aktuellen Maßnahmen der Ampelregierung müssten nicht gleich zu einer Einstellung der Lebensmittelproduktion führen.

 

Essen gibt es noch, nur eben von woanders. Im Reim der Protestler: „Ist der Bauer ruiniert, wird das Essen importiert“

 

Und plötzlich ist das Regal leer

Allerdings darf auch nichts dazwischenkommen. Ein Krieg, zum Beispiel, wie in der Ukraine, und plötzlich fehlt das Sonnenblumenöl im Supermarkt.

 

Da machte sogar in der Europäischen Union das Schlagwort „Ernährungssouveränität“ die Runde. In Ländern wie der Schweiz und Japan längst Maxime der Politik. Doch bei uns ist es da wieder ganz schnell still geworden. Der Eifer unserer Regierenden hält sich hier sehr in Grenzen.

 

Wie viel wir selbst erzeugen, weiß leider niemand so genau. Zwar wird offiziell stets verkündet, dass der „Selbstversorgungsgrad“ in Deutschland bei fast 90 Prozent läge. Aber dabei werden nur die klassischen „Agrargüter“ mitgezählt, also Äpfel, Birnen, Eier, Fleisch.

 

Dabei beziehen die Deutschen fast die Hälfte ihrer Kalorien aus Cornflakes, Tiefkühlpizza, Hamburgern, der "Giftgruppe" also, der sogenannten „ultra-verarbeiteten“ Nahrung, nach älteren Erhebungen. Genaueres weiß man nicht. Detaillierte Zahlen? Fehlanzeige.

 

Grüne Naturleugner

Eigentlich wären hier die Grünen sozusagen naturwüchsig zuständig. Immerhin stellen sie derzeit den Ernährungsminister. Der ist allerdings durch besondere Fachkenntnis nie aufgefallen, sieht man mal von seinem privaten Balkongärtchen ab.

 

Seine Partei hatte sich sogar kürzlich erst energisch für „Ernährungssouveränität“ ausgesprochen. Allerdings anderswo auf dem Globus, nicht bei uns im eigenen Land.

 

Überhaupt gelten die einstigen Öko-Parteigänger heute nicht gerade als Kompetenzführer in Sachen Natur. Spätestens seit ihrem Gesetz zum Geschlechtswechsel ganz nach Gefühl haben sie sich einen soliden Ruf als Biologieleugner erworben.

 

In der aktuellen Bauernweisheit gelten sie ohnehin als etwas, nun ja, mental besonders:

 

„Ohne Blut wird man weiß!

Ohne Luft wird man blau!

Ohne Hirn wird man grün!“

 

Auch nicht viel angesehener ist im Agrar-Aphorismus die derzeit herrschende Farbkombination:

 

„Grün, gelb, rot bringt Bauerntod.“

 

Voodoo mit Ampel

„Stoppt den Wahnsinn“, haben sie auf einen selbstgebastelten Galgen gepinselt, an dem eine Ampel baumelt. Die Polizei übernahm die Ermittlungen, nachdem sich Wutschreiber in regierungsnahen Medien mokiert hatten: „Wer soll hier gehängt werden?“

 

Dumme Frage. Es handelt sich hier offenkundig nicht um eine Aufforderung zu Straftaten, sondern eher eine verzweifelte Form von Voodoo gegen eine ebenso inkompetente wie bevormundende Obrigkeit, im Traktorentext beschrieben: 

 

„Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie wissen alles besser.“

 

Immerhin: Bei den ganzen traditionellen Nahrungsmitteln haben sie staatlicherseits sogar ein paar Zahlen parat.

 

Und bei manchen sind wir demnach ganz gut versorgt. An der Spitze steht eine Ackerfrucht, die gewissermaßen als nationales Kulturgut gelten kann. Selbstversorgungsgrad: 150 Prozent.

 

Davon produzieren unsere Bauern sogar mehr als wir verspeisen, liegen damit in Europa an der Spitze und gehören zu den ganz großen auf der Welt.

 

Spitzenreiter in Kartoffeln

Es ist: die Kartoffel.

 

Der Begriff ist bekanntlich sogar unseren Regierenden geläufig. Ums Essen geht es ihnen da allerdings nicht. Und mit Respekt hat es auch nicht viel zu tun. Ganz im Gegenteil. Schließlich wird da die indigene Bevölkerung hierzulande als Nachtschattengewächs verunglimpft

 

Gut möglich, dass auch so etwas die Leute auf die Barrikaden treibt.