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Verzehrsmengen

Weltweit verschieben sich die Verzehrsmengen bei den unterschiedlichen Elementen der täglichen Ernährung, weg von echtem Essen, hin zu Industrienahrung.  Die sogenannte Westliche Ernährung, namentlich die  ultra-verarbeitete Nahrung unterscheidet sich fundamental von echten, traditionellen Lebensmitteln. Zum Beispiel durch chemische Zusatzstoffe, die nur bis zu einem bestimmten Grenze unbedenklich sind. Die zum Gesundheitsschutz unerlässliche Überwachung der Verzehrsmengen unterbleibt aber. Politik und Behörden legalisieren zwar diese Chemikalien als Nahrungszusätze, ignorieren aber die gesundheitliche Bedeutung dieser Veränderungen und sträuben sich, die Aufnahmemengen der einst als „Gifte“ klassifizierten Additive auch nur statistisch zu erfassen.

 

Dabei gilt gerade bei der Ernährung: Die Dosis macht das Gift. Allerdings erhöht sich durch den globalen Umbau der Ernährungssysteme die Dosis – und zwar sogar in den ärmeren Ländern auf diesem Globus (Nutrition Transition).

 

In vielen Ländern dominiert schon die ultra-verarbeitete Nahrung. Wobei es allerdings erhebliche Unterschiede gibt zwischen den einzelnen Ländern, wie eine 2017 im Journal Public Health Nutrition veröffentlichte Untersuchung ergab.

 

Insgesamt stammte demnach in 19 europäischen Ländern ein Viertel aller Kalorien aus solchen ultraverarbeiteten Konzernprodukten – allerdings waren es in manchen Ländern nur sehr wenig, 10,2 Prozent etwa in Portugal und 13,4 Prozent in Italien.

 

In der Spitzengruppe bestand allerdings die Hälfte der verzehrten Kalorien aus den als Krankheitserreger verdächtigten Ultranahrungsmitteln auf Level 4 der NOVA-Klassifikation für Lebensmittel: 46,2 Prozent sind es etwa in Deutschland und 50,4 Prozent in Großbritannien. In den USA sollen es sogar 58 Prozent sein.

 

Dadurch sinkt der ernährungsphysiologische Wert der gesamten Nahrungsmenge, der schädliche Anteil steigt. Und damit die Relevanz für die globale Gesundheit. Solche Nahrung ist demnach vor allem verantwortlich für die weltweite »Pandemie von Übergewicht und Diabetes«, die zu den »phänomenalen globalen Katastrophen« gehören, wie die NOVA-Forscher 2019 im Journal World Nutrition schrieben.

 

Die Politik hat solche Produkte und damit diese Probleme nicht verhindert, sondern ermöglicht, durch Legalisierung von Zutaten, die es nie zuvor gegeben hatte in der Nahrungskette und auf die der Mensch deshalb evolutionär auch nicht vorbereitet ist.

 

Diese Stoffe wurden noch im vorigen Jahrhundert von den internationalen Gesundheitswächtern als „Gifte“ betrachtet – und mittlerweile offiziell als „Stoffe zur Verbesserung von Lebensmitteln“ (Food Improvement Agents) geadelt (Zusatzstoffe).

 

Obwohl sie seit 1995 dazu verpflichtet wären, die Verzehrsmengen bei diesen chemischen Additiven statistisch zu erfassen, sträuben sich manche Mitgliedsländer der Europäischen Union, darunter die Bundesrepublik Deutschland, seit langem und mit Erfolg dagegen – was mittlerweile sogar auf Kritik des Europäischen Rechnungshofes stößt.

 

Denn die real existierenden Gefahren aus Zusatzstoffen für die Bevölkerung hängt natürlich ganz wesentlich von den Verzehrsmengen ab, schließlich sind die ehemals als "Gifte" geltenden Zusätze nur bis zu einer gewissen Menge unbedenklich, der "akzeptablen täglichen Aufnahme", in der Fachwelt als  ADI-Wert  bekannt (Acceptable Daily Intake).

 

Und dafür wären natürlich Daten über die Verzehrsmengen bei Zusatzstoffen unabdingbar. 

 

Die aber werden seit Jahrzehnten nicht erhoben, trotz ausdrücklicher Verpflichtung durch die Europäische Union. Das bemängelt mittlerweile sogar der Europäische Rechnungshof, in einem 2019 erschienenen Sonderbericht mit dem Titel »Chemische Gefahren in unseren Lebensmitteln.“

 

Unmissverständliche Kritik übten die Kontrolleure darin an einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die eigentlich »den Verzehr und die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen und Aromastoffen überwachen« müssten, sich dazu aber nicht aufraffen mochten: »Die Mitgliedstaaten stellen nicht immer die für wissenschaftliche Bewertungen erforderlichen Daten bereit, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind oder von der Efsa dazu aufgefordert wurden.«


 
Da könnte sich zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland angesprochen fühlen: Das Land sträubt sich seit Jahrzehnten, irgendwelche Erkenntnisse über die Belastung der Bevölkerung mit solchen Chemikalien in der Nahrung zu bekommen (Zusatzstoffe).

 

Zwar untersucht Deutschland im „Nationalen Ernährungsmonitoring“ (NEMONIT) welche „Lebensmittelgruppen“ die Menschen bevorzugen, dazu zählen „Fleisch und Wurstwaren, Gemüse, Backwaren und Getreideprodukte sowie Milchprodukte“. Auch „Obst“.

 

Ob die Produkte industriell verarbeitet, in welche Maße chemiehaltig sie sind, das schließt die alljährliche Untersuchung aus. Schon die sogenannte Nationale Verzehrsstudie II umging das Thema sorgsam.

 

Die Studie beschäftigte sich liebevoll mit längst untergegangenen Küchentraditionen („Jede Region hat ihre eigene Suppenkultur“, „Klassische deutsche Suppen sind unter anderem Brotsuppe, Erbsensuppe, Kartoffelsuppe oder Linseneintopf“).

 

Vor der modernen Tütensuppe und ihren chemischen Zutaten wie überhaupt dem ganzen Kosmos der ultra-verarbeiteten Nahrung verschließt die Studie aus dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (Max Rubner-Institut, kurz MRI) konsequent die Augen.

 

Und zwar mit voller Absicht – aus Rücksicht auf die Interessen der Industrie, wie der federführende Präsident der Bundesoberbehörde einräumte, der zugleich auch hoher Funktionär des Industrie-Lobbyvereins International Life Sciences Institute (Ilsi) war (Zusatzstoffe).