Mithilfe von Backmitteln können Brot und Brötchen, auch Kleingebäcke stets gleichmäßig und voluminös aus dem Ofen kommen, unabhängig von Wetter, Tagesform und Kompetenz der Backenden. Die Backmittel sorgen dafür, dass die Kruste schön braun wird, dass die Brötchen größer erscheinen und stets gleich gelingen. Sie sind allgegenwärtig; von jenen über 84 Kilo Backwaren, die der Bundesbürger pro Kopf im Jahr zu sich nimmt, sind mittlerweile zwei Kilogramm Backmittel.
Zu den darin erlaubten Hilfsmitteln für Bäcker zählen neben E163 (Anthocyane) und E170 (Calciumcarbonat) diverse Emulgatoren und Stabilisatoren, darunter Designerstoffe wie die beinahe allgegenwärtigen »veresterten« Mono- und
Diglyceride von Speisefettsäuren (E471, E472), oder Zitronensäure (E330), die sich häufig im Brot findet.
Besonders in Verruf geraten ist eine Zutat namens Cystein (E920). Das sei, so ein Backzutaten-Brevier, »ein ganz natürlicher Stoff«, der »in relativ hohen Konzentrationen im menschlichen Körper« vorkomme, »zum Beispiel in den Haaren, in den Finger- und Fußnägeln und im Blut«. Menschliches Haar allerdings darf nicht als Ausgangsmaterial für diesen Zusatzstoff verwendet werden, gemäß Anhang 1 der Richtlinie 2008/84/EG.
Die Enzyme sind die neuen Helfer mit Vielfachbegabung. Beim Backwerk haben sie eine Fülle von Aufgaben. Die sogenannten Proteinasen beispielsweise verbessern die »Porung« und die Bruchfestigkeit der Kruste. Die Alpha-Amylase macht die Brotkrume elastischer, verbessert Farbe und Aroma der Maschinen-Erzeugnisse und erhöht zudem das Volumen: Das Backwerk wird schön luftig und erscheint größer. Die Schattenseite: Diese Enzyme führen zu Allergien (Bäckerasthma).
Auch die kleinen Bäcker greifen zu den Zutaten aus dem Labor. Nach Einschätzung des deutschen Bundesgesundheitsministeriums gibt es im ganzen Land kaum noch einen Bäcker, der bei den Brötchen ohne Backmittel arbeitet.
Insgesamt sind über 200 Stoffe zugelassen. Weit weniger sind es bei Öko-Bäckern. Die EU-Öko-Verordnung erlaubt Malz und Malzextrakt, Acerola, Johannisbrotkernmehl und Bio-Lecithin (E322). Auch Enzyme, aber nur, wenn keine Gentechnik im Spiel war. Ökoverbände hingegen erlauben keine isolierten Enzyme.
Da die Verbraucher gern Brot und Brötchen aus natürlichen Rohstoffen hätten, werden die Backmittel eher verheimlicht. So verkündete etwa der McDonald’s-Konzern in einer Anzeige: »Die Hamburger-Brötchen werden aus nichts anderem als Weizen, Hefe, Wasser und einer Spur Salz und Zucker gebacken.« Auf dem Sack, in dem bei McDonald’s laut Aufdruck die »HAMBURGER BRÖTCHEN GEFROREN« angeliefert werden, waren jedoch einige Zutaten mehr angegeben: »WEIZENMEHL, WASSER, INVERTZUCKERSIRUP, FLÜSSIGBACKHEFE, PFLANZLICHES ÖL, SALZ, EMULGATOREN E472E, E471, DEXTROSE, SOJAMEHL«.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch, auf den Fall aufmerksam gemacht, protestierte öffentlich gegen McDonald’s – und der Konzern zog daraufhin seine Anzeigenkampagne zurück. Es läge ihnen »absolut fern, den Verbraucher zu täuschen«, beteuerte eine Konzernsprecherin.