Die Zuckerkrankheit Diabetes zählt zu den wichtigsten und teuersten Leiden der Menschheit. Früher betraf sie vorwiegend ältere Menschen in den Industrieländern, mittlerweile sind alle Weltgegenden betroffen – und auch schon Kinder. In Deutschland leiden acht Millionen Menschen daran, in ganz Europa sollen es 33 Millionen sein, weltweit über 400 Millionen. Die Nahrung gilt als wichtige Ursache für die Ausbreitung der Krankheit, insbesondere die sogenannte Westliche Ernährung, mit viel Zucker, Fastfood sowie süßen Softdrinks. Viele Inhaltsstoffe dieser Nahrungsmittel können die körpereigene Nahrungsverarbeitung stören (Metabolisches Syndrom).
Allein in Deutschland gibt es jährlich 28.000 Fußamputationen bei Diabetikern. Diabetes ist zudem die Ursache dafür, dass Tausende von Menschen jedes Jahr erblinden, 14 000 müssen zur Dialyse, weil ihre Nieren versagen. Das Risiko für Herzinfarkt und Krebs ist ebenfalls erhöht.
Insgesamt kostet die Krankheit mit allen Folgeaufwendungen allein in Deutschland 60 Milliarden Euro pro Jahr.
Bekannt war die Krankheit schon in der Antike: Der griechische Arzt Aretaios hatte im zweiten Jahrhundert nach Christus den Begriff „Diabetes“ geprägt.
Einen deutlichen Aufschwung erfuhr sie mit der fabrikmäßigen Produktion von Zucker ab dem 16. Jahrhundert in den Kolonien der Karibik. Zum Massenphänomen wurde sie allerdings erst im 20. Jahrhundert, mit der Etablierung des industriellen Ernährungssystems.
So litten im Jahr 1960 nur 0,6 Prozent der Deutschen an Diabetes, jetzt ist es jeder Zehnte – eine Steigerung um 1666,66 Prozent.
Die Ausbreitung der Krankheit wurde auch begünstigt durch die Vorherrschaft einer verhängnisvollen wissenschaftliche Ideologie, die das Fett zum Hauptfeind in der Ernährung erklärte, den Zucker aber für harmlos erklärte. Selbst professorale Koryphäen in Sachen Diabetes wollten vom Beitrag des Zuckers zur Krankheitsausbreitung nichts wissen, in gewichtigen Standardwerken kam das Stichwort gar nicht vor.
Zu den Staaten mit den anteilig meisten Zuckerkranken gehören Südseeinseln wie Nauru, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Bahrain, Cuba, Puerto Rico, Singapur, Reunion, Kuwait und die Seychellen.
Dass die kleine Südseeinsel Nauru an erster Stelle steht, ist überraschend: Die Zuckerkrankheit war auf Nauru bis zum Jahr 1954 nahezu unbekannt, mittlerweile haben sie 41 Prozent der Bevölkerung – ein trauriger Weltrekord.
Gemeinhin gilt das Übergewicht als wichtigster Risikofaktor. Allerdings sind nicht alle Dicken auch Diabetiker, und nicht alle Diabetiker sind zugleich dick. In der Südsee, wo die welthöchsten Diabetesraten zu beklagen sind, waren die Menschen schon immer dick – aber nie zuckerkrank. Und in China, dem Land mit den höchsten Zuwachsraten, sind die Diabetiker vergleichsweise schlank.
Für Paul Zimmet, einen renommierten Diabetesforscher aus dem australischen Sydney, Autor zahlreicher Studien im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO), ist die Ausbreitung von Krankheiten wie Diabetes die Folge einer Coca-Kolonisierung der Welt.
Damit meint er zum einen die Industrialisierung der gesamten Nahrungsproduktion nach amerikanischem Vorbild, der Übergang zur Westlichen Ernährung in praktisch allen Regionen auf diesem Globus (Nutrition Transition).
Die Industrienahrung, insbesondere die ultra-verarbeitete Nahrung, fördert die Verbreitung von Diabetes aber auch, weil sie zahlreiche weitere Inhaltsstoffe enthält, bei denen der Level des Blutzuckers und damit des Zuckerverarbeitungshormons Insulin besonders schnell steigt.
Der sogenannte glykämische Index gibt das Tempo an, in dem der Zucker ins Blut geht. Er steigt mit dem Grad der industriellen Verarbeitung. Echtes Essen hat relativ geringe Werte, ultra-verarbeitete Nahrung hingegen hohe.
So liegen Erdbeeren und Kirschen beispielsweise bei 30 Index-Punkten, Vollkornbrot bei 40, Spaghetti bei 45, Kartoffeln bei 70, Kellogs Rice Crispies bei 82. Einen extrem hohen Insulin-Ausstoß haben Pommes Frites wie auch Kartoffelchips. Sie kommen je nach Messmethode auf einen Indexwert von bis zu 95.
Die Nahrung der Supermärkte enthält dazu auch noch unerkannte Insulin-Treiber: völlig neue Designerstoffe, mit denen das Insulinsystem konfrontiert wird, zum Beispiel die sogenannte modifizierte Stärke.
Auch die bei der Erhitzung von industrieller Nahrung zur Verlängerung der Haltbarkeit entstehenden Advanced Glycation End Products (AGEs) erhöhen das Diabetesrisiko.