Als Heißhunger wird der überfallartige Drang zu sofortiger Nahrungsaufnahme bezeichnet. Als Ursache gilt die Unterzuckerung des Körpers. Zu viel Zucker führt zu steilem Anstieg der Blutzuckerwerte – und ebenso steilem Abfall, was im Körper einen Alarm und erhöhten Drang zu Nahrungsaufnahme auslöst. Auch vorangegangene Diäten können solche Folgen haben. Neuere Untersuchungen zeigen, dass auch industrielle Nahrungsbestandteile zu Heißhunger führen können, insbesondere der Geschmacksverstärker Glutamat. Er kann etwa den Level des Sättigungshormons Leptin so manipulieren, dass vom Gehirn der Befehl zur Essensaufnahme erteilt wird, ohne dass wirklich Bedarf besteht. Auch andere, vor allem industrielle Nahrungsbestandteile treiben die Blutzuckerwerte steil in die Höhe (Glykämischer Index). Viele Elemente der echten Lebensmittel hingegen halten die Kurve flacher, was mithin auch Heißhungerattacken verhindert.
Kaum etwas im Organismus ist so sorgsam geregelt wie die Nahrungsaufnahme. Schließlich ist der Körper existenziell darauf angewiesen. Dabei wird dafür gesorgt, dass rechtzeitig gegessen (und getrunken) wird, aber auch wieder damit aufgehört, durch zahlreiche Hormone.
Wenn diese nicht ordnungsgemäß arbeiten, kann ständiger Heißhunger die Folge sein. Wie etwa bei zwei kleinen Kindern aus Großbritannien: In der Wissenschaft gelten sie als Modell für die Störungen bei der Regulation der Nahrungsaufnahme.
Die beiden benahmen sich dauerhaft so, als ob sie am Verhungern wären. Dabei waren sie schon ziemlich gut beieinander: Der Junge wog mit seinen zwei Jahren schon 31 Kilo, das Mädchen mit neun Jahren üppige 94 Kilo. In der Universität Cambridge wurden die beiden untersucht.
Bei ihrer Geburt wogen beide gleich viel, alles war im normalen Bereich. Aber ab vier Monaten entwickelten sie einen unstillbaren Hunger und konnten überhaupt nicht mehr an sich halten.
Die Kinder verschlangen Lebensmittel aus dem Müll, tiefgefrorene Fischstäbchen direkt aus der Kühltruhe und brachen verriegelte Schränke auf, um an Essbares zu kommen.
Die Forscher stellten fest, dass bei ihnen der Level des Hormons Leptin bei null lag.
»Auf das Gehirn wirkt das, als würden wir verhungern. Es zieht die Notbremse«, sagt der amerikanische Molekulargenetiker Jeffrey Friedman, Entdecker von Leptin.
Wenn genug Leptin da ist, ist das Gehirn zufrieden. Kein Handlungsbedarf, kein Gang zum Kühlschrank nötig. Wenn aber der Leptinspiegel sinkt, ist Essen angesagt.
Der Leptinlevel kann beispielsweise durch den Nahrungszusatz Glutamat manipuliert werden, Heißhunger ist eine mögliche Folge.
Auch Plastikhormone etwa aus den sogenannten Weichmachern in Verpackungen können zur erhöhten Produktion jener Hormone führen, die Hungersignale aussenden. Hinzu kommt Fruktose, der industriell verwandelte Fruchtzucker, der massenhaft eingesetzt wird und das Zusammenspiel der Hungerhormone stören kann. Er lässt das Insulin weniger ansteigen. Dadurch wird auch die Leptinproduktion nicht angeregt, die Information des Gehirns über die gefüllten Vorratsdepots unterbleibt also.
Auch der gewöhnliche Zucker treibt den Blutzuckerspiegel in die Höhe und lässt ihn später wieder absacken, manchen Nahrungsbestandteile wie Maltodextrin oder die sogenannte modifizierte Stärke sogar noch steiler – und fällt dann wieder jäh in die Tiefe, was die Heißhungerattacken verstärkt.
Die traditionelle Ernährung harmonisiert das Zusammenspiel der Hormone, was hilft, Heißhungerattacken zu vermeiden.