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DR. WATSON



Knackige Äpfel liegen im Picknickkorb, grüne Brokkoli, Zucchini, Lauchstangen, rote Paprika, außerdem Karotten, Kürbis, Kartoffeln. Und mittendrin, rätselhafterweise, eine Packung mit sogenannter Kindermilch, Marke Milupa.

 

Passt irgendwie nicht so richtig zusammen. Das Werbefoto soll vermutlich suggerieren, dass das Pulver im Pappkarton auch irgendwas mit Natur zu tun habe.

 

Dabei ist es ein höchst umstrittenes Problemprodukt mit zweifelhaftem Gesundheitsnutzen. Es stand in Deutschland kurz vor dem Verbot – und wurde jetzt weltweit legalisiert. Denn diese Kindermilch ist ein Milliardengeschäft. Auf Kosten unserer Kinder.

 

Die Marketingstrategen arbeiten mit allen Tricks, ködern verunsicherte Eltern, denen das Wohl ihrer Kleinen am Herzen liegt, mit verlockenden Bildern, aber auch mit Verheißungen und kaum verhüllten Drohungen, falls sie sich nicht fügen und kaufen.

 

Sie operieren mit Ängsten (Gehirnentwicklung!) und Sorgen (Nährstoffe!). Und dem Verweis auf höhere Mächte wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) - die allerdings diese Produkte in Wahrheit eher kritisch sieht

 

Und tatsächlich: Der höchst profitable Kinderdrink schmeckt grässlich, sieht aus wie hellbeige Wandfarbe, ist komplett künstlich - und besonders gesund ist er auch nicht. Deshalb wollten die Beamten der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland solche Kindermilch auch verbieten.

 

Doch daraus wurde nichts. Die Macht des Geldes hat gesiegt. In einer Institution der Vereinten Nationen, bei der die deutsche Bundesregierung den Vorsitz führt, zuständigkeitshalber derzeit das Ernährungsministerium von Cem Özdemir (Grüne).

 

Mit dabei: Die Konzerne, die davon profitieren, ihre Lobby - und die Behördenleute, die sie eigentlich verbieten wollten.

 

So demütigend kann ein Beamtenleben sein.

 

Merke: Wenn es um Lebensmittel geht, hat die Demokratie Pause.

 

Bei Lebensmitteln hat die Demokratie Pause

Denn so ist das leider: Was erlaubt und verboten ist, entscheiden nicht unsere gewählten „Volksvertreter“. Sondern die faktische Weltregierung in Sachen Lebensmittel.

 

Die Mitglieder dieses mächtigen Welt-Gremiums hat niemand gewählt. Die meisten Menschen haben noch nie davon gehört. Die Medien berichten auch nicht darüber. Dabei betreffen die Entscheidungen uns alle. Unsere Gesundheit, die unserer Kinder -  und damit die Zukunft der Menschheit. 

 

Die Einrichtung der Vereinten Nationen heißt: Codex Alimentarius. In der Abteilung für Babynahrung führt die deutsche Bundesregierung den Vorsitz. Die Regierungen haben natürlich gewechselt, in den zehn Jahren, in denen es um diese „Kindermilch“ ging. Nur die Konzerne und ihre Lobbyleute blieben. 

Die Konzerne dürfen mitregieren

Der Fall zeigt, wie in den höheren Entscheidungssphären die Demokratie langsam verdunstet, ja mutwillig beseitigt wird. Die Souveränität der Staaten wird abgebaut, zugunsten supranationaler Institutionen, in denen die Konzerne wie selbstverständlich am Tisch sitzen.

 

Das Drama um die ungesunde industrielle Kindermilch ist ein Lehrstück über höchst unerquickliche Verbindungen, eine gefährliche Gemengelage zwischen Konzernen, Experten, Staaten und Politik, bei dem die Interessen der Kinder leider auf der Strecke bleiben.

 

Die Macht der Mehrheit weicht, zugunsten der Macht des Geldes. Die normalen Menschen und auch Bürgerinitiativen können es sich zumeist nicht leisten, in den supranationalen Schaltzentralen mitzuwirken. Es fehlen ihnen die Mittel, die Möglichkeiten, die Verbindungen. Die global operierenden Konzerne besitzen all dies – und setzen es ein, für ihre Profitinteressen.

 

Ein paar vereinzelte Kämpferinnen für Kinderrechte gibt es da noch. Doch die werden von den Konzernagenten als „Still-Mafia“ verhöhnt. Sie könnten ja den Milliardenmarkt für industrielle Babymilch gefährden, den Muttermilchersatz, der sofort ab Geburt und so lange irgend möglich vermarktet werden soll, ohne allzu viel Rücksicht auf die Gesundheit unserer Kinder.

 

Und so zeigt der Fall auch, welche Wertschätzung unsere Ernährung in der Gesellschaft genießt.

 

Die Medien etwa ignorieren  das Thema weitgehend. 

 

Lebensmittelaufsicht beanstandet Kindermilch“, titelte noch der Spiegel. Doch dann verließ ihn das Interesse.

 

Sie verhalten sich merkwürdig ignorant gegenüber den anrüchigen Vorgängen in den Machtzentren dieser Welt, die uns alle betreffen, überall auf dem Globus. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, dass es oft um beliebte Werbekunden geht, die viel Geld an Medien zu verteilen haben.

 

Es begann mit einer Lüge 

So wurde es auch nicht groß angeprangert, dass das ganze Kindermilch-Business schon mit einer Lüge begann. (siehe Hans-Ulrich Grimm: Gesundes Essen für unsere Kinder).

 

Zur Markteinführung des Pionierprodukts hatte Hersteller Milupa kühn behauptet, seine Milupino-Kindermilch, sei »gesünder als normale Kuhmilch«. Und berief sich auf weithin angesehene Kronzeugen, das Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

 

Doch beide stellten klar: Sie sind eher dagegen.

 

Mit solchen Kindermilchprodukten »wird eine bedarfsgerechte Ernährung der Kinder eher erschwert«, meint die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

 

»Wir raten zu den herkömmlichen Lebensmitteln«, stellte das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) klar: »Da brauchen die Kinder keine Milupino-Kindermilch.«

 

Schließlich schalteten sich auch noch die staatlichen deutschen Lebensmittelwächter vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ein:

 

Sie sehen für die Kinder Gefahren durch Übervitaminisierung und „unerwünscht hohen Nährstoffaufnahmen“: Dies sei "aus ernährungsphysiologischer und gesundheitlicher Sicht problematisch.“

 

Die gesamte Fachwelt plädierte also gegen die künstliche Kindermilch, aus Sorge um Gesundheit und Wohlergehen der Kinder.

Gefahren für Knochen, Gehirn, Immunabwehr

Tatsächlich liest sich die Zutatenliste oft wie das Inventarverzeichnis eines gut sortierten Chemiebaukastens. Kein Mensch, der die Datenlage kennt, kann so etwas für gesund halten.

 

Das eingesetzte Milchpulver kann das Immunsystem schwächen und die Kinder anfälliger für Krankheiten machen. Die Zitronensäure kann die Zähne zerstören, zudem die Aufnahme von Aluminium ins Gehirn erleichtern und damit zu Hyperaktivität und langfristig zu Alzheimer beitragen. Die Phosphate können die Knochen schädigen, Verkalkung und Krebs fördern. Die industriell hergestellten Vitamine können die Selbstreparaturkräfte des Körpers behindern, mithin sogar Krankheiten fördern und zu frühem Ableben führen.

 

Es war also nur konsequent, diese ominöse Kunstmilch zu stoppen. Die zuständigen deutschen Watchdogs vom Berliner Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) haben es versucht.

 

Insgesamt sollten 16 Kindermilchprodukte nicht mehr verkauft werden dürften, darunter Milumil Meine Kindermilch 2+ von Milupa und die Beba Kleinkind-Milch 2+ des Lebensmittelmultis Nestlé. Für diese Produkte hatte die Behörde »das Inverkehrbringen«, wie das förmlich heißt, »vorläufig untersagt«.

 

Doch leider blieb es beim Versuch. Die Konzerne hetzten natürlich ihre Juristen los – mit Erfolg: Die Produkte durften weiter verkauft werden.

 

Die EU und ihre seltsamen Experten 

Dann grätschte auch noch die Europäische Union dazwischen und rückte die Prioritäten zurecht. Kritik an den Chemiebomben mochten sie eigentlich nicht gelten lassen: Es bestünden »keine Sicherheitsbedenken«.

 

Zwar seien die Kindermilchprodukte „aus ernährungsphysiologischer Sicht“ unnötig. Aber es könnte damit die »Zufuhr bestimmter Nährstoffe«, von denen manche Kinder zu wenig hätten, »erhöht werden«, schrieb die EU-Kommission in einer Stellungnahme. Sie stützte sich dabei auf den Rat der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) und deren sachkundige Spezialisten.

 

In diesem Fall war das zum Beispiel Fachleute wie der italienische Professor Carlo Agostoni, der schon Honorare bekommen hatte von Kindermilchfirmen wie Hipp, Humana und Danone (Milupa, Aptamil). Der nordirische Ernährungschemiker Professor Sean (J.J.) Strain war den Kindermilchproduzenten Danone und Nestlé geschäftlich verbunden. Er saß sogar im Aufsichtsrat der einflussreichen Industrie-Lobbytruppe Ilsi (International Life Sciences Institute), für die auch seine Efsa-Expertenkollegin, die britische Ernährungsforscherin Susan Fairweather-Tait, tätig war.

 

Geschäft vor Gesundheit

Es geht für die Europäische Union nicht nur um die Gesundheit der Kinder, sondern auch um die Geschäfte der Konzerne. Und die gehen glänzend mit diesen Chemie-Drinks für unsere Kleinsten: »Der EU-Markt für diese Produkte wächst«, schwärmte die EU-Kommission.

 

Der globale Umsatz mit dieser gesundheitsgefährdenden Babymilch liegt gegenwärtig bei etwa 75 Milliarden Dollar und soll sich bis 2032 mehr als verdoppeln, auf 175 Milliarden Dollar. Die Kindermilch (ab 6 Monaten), im Branchenjargon Follow-up formula, bringt etwa ein Drittel davon, so ein aktueller Industriereport. Deutschland gehöre (neben Frankreich) zu den „Hauptproduzenten“ für den weltweiten Markt.

 

So ist es auch kein Wunder, dass Deutschland eine Schlüsselrolle spielte bei der weltweiten Legalisierung der ungesunden Mixtur durch die Weltregierung in Sachen Lebensmittel, den Codex Alimentarius

 

Die Demütigung der tapferen Beamten

In der offiziellen deutschen Delegation trafen die tapferen deutschen Beamten, die eigentlich jene Kindermilch verbieten wollten, ausgerechnet auf ihre erbittertsten Kontrahenten, die Kunstmilch-Konzerne und ihre Lobby (siehe DR. WATSON News vom 25. November 2015).

 

Gemeinsam am Tisch mit ihren mächtigen Gegnern: mehr Demütigung geht kaum. 

 

Oder vielleicht doch. Denn die Konzerne hatten häufig sogar die Mehrheit in der deutschen Delegation. 

 

Und abends ging's dann zum geselligen Beisammensein, zur Förderung des "Gemeinschaftsgefühls", wie der Lobbymann aus der deutschen Delegation sagte, der die Sause bezahlte. 

 

Die Konzerne saßen nicht nur in der deutschen Delegation. Ganz ähnlich in der Schweiz, Österreich, Frankreich und anderen Ländern. Oft stellten sie sogar die Mehrheit von allen Delegierten.

 

Ein leichtes Spiel also für die Konzerne. Trotz der Gesundheitsbedenken der zuständigen staatlichen Behörden in Deutschland wurden die Problemprodukte vor wenigen Wochen weltweit legalisiert.

 

Der Codex Alimentarius, die Weltregierung in Sachen Lebensmittel, ist also ein Erfolgsmodell. Jedenfalls für die Hersteller des Ungesunden.

 

Cem Özdemirs Leute jubeln

Für die gedemütigten deutschen Beamten aber war das noch nicht genug. Sie mussten nicht nur von ihrem Verbotsvorhaben abrücken, auf Lobby-Linie einschwenken und die weltweite Legalisierung abnicken. Sie mussten sich sogar noch freuen mit ihren siegreichen Kontrahenten und jubeln  über den schönen Erfolg, der „mit breitem Konsens im Codex Alimentarius verabschiedet“ wurde. So steht es in der offiziellen Verlautbarung von Cem Özdemirs Bundesamt für Verbraucherschutz (Überschrift: „Sichere Lebensmittel für Kinder“). Ihre Bedenken, so die Behörde gegenüber DR. WATSON, wurden vollumfänglich ausgeräumt.

 

Und es kommt noch besser: Unsere Regierungsleute  sind künftig sogar die Anführer bei den globalen Lobby-Mauscheleien in der Lebensmittel-Weltregierung. Und auch noch stolz darauf. Denn: „60 Jahre Codex Alimentarius sind eine Erfolgsgeschichte für mehr Lebensmittelsicherheit rund um den Globus.“

 

Nun ja. Die Wirklichkeit sieht natürlich anders aus. Gesünder sind die Menschen nachweislich nicht geworden. Ganz im Gegenteil.

 

Gerade die jungen Menschen sind heute sogar noch kränker als ihre Eltern. Bei ihnen treten schwere Krankheiten wie etwa Krebs besorgniserregenderweise immer häufiger auf, kaum dass sie das dreißigste Jahr überschritten haben.

 

Wichtige Ursache: Die vom Codex Alimentarius geförderte „ultra-verarbeitete“ Nahrung. Mit jedem Schluck, mit jedem Bissen, jedem Gramm davon steigt das Krebsrisiko, wie mittlerweile viele Untersuchungen ergeben haben.

 

Und da geht es nicht nur um die Inhaltsstoffe der künstlichen Babymilch, die Phosphate, die das Brustkrebsrisiko erhöhen, die industriellen Extra-Vitamine, die ebenfalls die Krebsgefahr steigern können.  

 

Es geht auch um das Basismaterial, das Milchpulver und jene weithin unbekannten Toxine, die bei dessen Herstellung mit fabriziert werden und daher besonders konzentriert in solcher Babymilch vorkommen: Sie können generell das Krankheitsrisiko steigern und das Altern beschleunigen (siehe DR. WATSON News vom 23. Mai 2023).

 

Schlechte Nachrichten also für die armen Kinder, die solche riskanten Produkte ungefragt konsumieren müssen.

 

Warnhinweise haben sie in der Weltregierung für Lebensmittel übrigens nicht beschlossen.

 

 

Mehr über den Kampf um die Lufthoheit über den Esstischen:

 

Hans-Ulrich Grimm: Food War