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Übergewicht

Übergewicht ist nach Einschätzung von Fachleuten und internationalen Institutionen wie etwa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eines der drängendsten globalen Probleme. Vor allem die damit einhergehenden Krankheiten belasten die Sozialsysteme. Als Ursache für Übergewicht gilt gemeinhin falsches "Ernährungsverhalten", zu hoher Verzehr von Kalorien bei zu geringer Bewegung. Neue Forschungen zeigen, dass zahlreiche Inhaltsstoffe der industriell produzierten Nahrung die natürlichen Körperreaktionen manipulieren und so zu einer Fehlprogrammierung des Essverhaltens führen können. Ursache sind also eher die Verhältnisse und weniger das Verhalten.

 

Weltweit hat sich nach den Daten der Weltgesundheitsorganisation die Fettleibigkeit seit 1975 fast verdreifacht. Im Jahr 2016 waren mehr als 1,9 Milliarden Erwachsene  übergewichtig und fettleibig.

 

Die Deutschen gehören zu den dicksten Europäern. Zwei Drittel der Männer und mehr als die Hälfte der Frauen sind nach Untersuchungen übergewichtig oder gar fettleibig. Großbritannien hält nach einem Regierungsbericht das Übergewicht für ähnlich verhängnisvoll wie den Klimawandel. Mitte des Jahrhunderts würden die Folgekosten für das Gesundheitssystem bei 50 Milliarden Pfund liegen (knapp 70 Milliarden Euro).

 

140 Milliarden Dollar kostet nach Angaben der Münchner Rückversicherung das Übergewicht pro Jahr in den USA. Dort hat Übergewicht die Lebenserwartung schon um vier bis neun Monate verkürzt, so eine Studie der Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH).

 

Besorgt sind die Forscher vor allem über die Folgen für die Kinder, die häufig schon an Fettleber und Altersdiabetes leiden. »Das Ausmaß an Fettleibigkeit unter Kindern wird dazu führen, dass die Lebenserwartung zum ersten Mal seit 200 Jahren wieder zurückgeht«, prognostizierte der Chef des britischen Nationalen Übergewichtsforums: »Diese Kinder werden vor ihren Eltern sterben.«

 

Bisher gab es eine einfache Erklärung: Dick wird, wer mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht. Vor allem Fett mache fett. Neuere Forschungen legen differenziertere Erklärungen nahe.

 

Tatsächlich können zahlreiche Inhaltsstoffe der industriellen Nahrung das System der Hormone und Botenstoffe manipulieren, die die Nahrungsaufnahme steuern – und dazu führen, dass die Menschen mehr essen, als sie brauchen.

 

Dazu gehören insbesondere das industrielle Aroma, der Geschmacksverstärker Glutamat und viele Hormonstörer. So titelte schon die New York Times: »Kindliches Übergewicht hängt mit Plastik-Chemikalien zusammen«. Eine Studie des Mount Sinai Hospitals hatte ergeben, dass die schwergewichtigsten Mädchen die meisten derartigen Hormone im Leib hatten.

 

Das Übermaß an Zucker, aber auch dem industriellen Fruchtzucker Fruktose kann die Mechanismen ebenfalls stören und das Übergewicht fördern.

 

Mit zunehmendem Zuckerkonsum entstehen im Körper Substanzen, die zunächst als Altersbeschleuniger entlarvt wurden, mittlerweile aber auch als Dickmacher unter Verdacht sind. Sie können aber auch von außen aufgenommen werden, vor allem in Fastfood und Industrienahrung.  

 

Erhöhte Mengen sind in Fastfood enthalten, in Softdrinks, auch Säuglingsnahrung aus dem Fläschchen und Babygläschen, ebenso der länger haltbaren Milch, der sogenannten ESL-Milch und der beliebten H-Milch.

 

Sie heißen: Advanced Glycation End Products (AGEs). Zu deutsch etwa: Fortgeschrittene Verzuckerungs-Endprodukte. Eine Folge der zunehmenden Verzuckerung und Industrialisierung der Nahrungskette.

 

Denn sie entstehen zwar auch beim Rösten, Toasten, Anbraten, zum Problem aber wurden sie erst durch die wachsende Dominanz industriell hergestellter Nahrungsmittel, die aus Haltbarkeitsgründen zumeist erhitzt werden müssen – wodurch diese Altersbeschleuniger und Dickmacher sich massiv vermehrt haben.

  

Sie finden sich gehäuft in den Produkten der großen Konzerne wie Nestlé, McDonald’s, Red Bull und Coca-Cola, Danone, Mars und sorgen für die Ausbreitung des Übergewichts, ebenso wie die industriellen Transfette, die ebenfalls in Fertignahrung, Fastfood, Tütensuppe und zahlreichen anderen Produkten verwendet werden.

 

Abnehmen gehört daher nicht nur zu den beliebtesten individuellen Vorsätzen und Lebensveränderungsprojekten, sondern auch zu gesundheitlichen Präventionsprogrammen. Wissenschaftler fordern eine Ernährungspolitik, die ein gesundheitserhaltendes Körpergewicht ermöglicht, und die Transformation der industriebasierten Nahrungskette, weg von der Dominanz der sogenannten ultra-verarbeiteten Nahrung, in der die heimlichen Dickmacher geballt auftreten.