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01.06.2022

DR. WATSON News

So ungesund ist Glutamat wirklich

Alzheimer, Schwindel, Kopfschmerzen, Herzrasen: Alle Risiken bloß erfunden?

Wie gefährlich ist Glutamat? Fragen Sie (bloß nicht) Starchemikerin Mai Thi!
Screenshot: Funk

Die unglaubliche Geschichte vom verschwundenen Kronzeugen fürs Chinarestaurant-Syndrom: Wie Medien mit Lügen, Halbwahrheiten und Fake News einen bedenklichen Nahrungszusatz verharmlosen.



Er zählt zu den umstrittensten Zusatzstoffen, soll diverse Krankheiten fördern, auch dick machen, und dumm, zu Alzheimer und Parkinson beitragen. Sogar die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa ist besorgt.

 

Er ist in Verruf, seit ein Arzt in einem renommierten Medizinjournal von seinen Symptomen am eigenen Leib berichtet hatte, die stets aufträten nach dem Besuch von Chinarestaurants, und seither unter diesem Fachbegriff bekannt sind: Chinarestaurant-Syndrom.

 

Aber: Gibt es diesen Mann womöglich gar nicht? Und damit auch die Symptome, über die er berichtet hat, damit weltweit Besorgnis ausgelöst, und anhaltende Forschungsaktivitäten: Alles frei erfunden? 

 

Der Geschmacksverstärker Glutamat sei völlig harmlos, versichern  Lobbyisten und die tonangebenden Medien, auch eine höchst beliebte und erfolgreiche Youtuberin, die im Auftrag von ARD und ZDF unterwegs ist, im öffentlich-rechtlichen Youngster-Kanal Funk.

 

Und sie bringt dieses wirklich sensationelle Argument, das der ganzen Glutamat-Phobie den Boden entziehen soll. Den Kronzeugen dafür habe es nie gegeben. Er sei eine bloße Erfindung gewesen. Ein Hoax, wie das heute heißt. Ein Schwindel.

 

Und sie muss es wissen: Mai Thi Nguyen-Kim hat schließlich Chemie studiert, sogar promoviert und ist jetzt Expertin für alles (AbtreibungAlu-DeosHomöopathieHomosexualitätRezoYogaKlimawandel), auch für diesen umstrittenen Geschmacksverstärker, der sich in Chips findet und in Tütensuppen, im Tierfutter und vielem mehr.

 

"Glutamat ist unbedenklich"

 

Mai Thi, die von ihren Fans natürlich geduzt wird, ist voll dafür. „Glutamat ist unbedenklich“, versíchert sie in ihrem Video, präsentiert von ARD und ZDF, millionenfach bei Youtube angeklickt.

 

Die Geschichte, die sie erzählt, klingt tatsächlich unglaublich. Bedauerlicherweise erzählt sie nur die halbe Story. Die andere Hälfte, die auch zur Wahrheit gehört, lässt sie leider weg. Dabei ist sie eigentlich fast noch interessanter, wie übrigens auch das, was sie sonst unterschlägt: Dass viele der präsentierten Studien von der Glutamatlobby stammen, von industrienahen Professoren, sogar finanziert von den Konzernen. Oder das Urteil der obersten EU-Lebensmittelwächter, die von einem Freispruch für Glutamat gar nichts wissen wollen.

 

Mit der Autorität von ARD und ZDF, alimentiert durch Zwangsbeiträge der Gebührenzahler, agitiert sie einseitig industrielastig, unterschlägt Wichtiges, verschweigt Fakten, verbreitet Halbwahrheiten, sogar Falschinformationen. 

  

Und so zeigt die Causa Glutamat, der Streit um seine Risiken und Nebenwirkungen, auch einiges über den Umgang der herrschenden Medien mit der Wirklichkeit, mit Fakten, Hintergründen, Zusammenhängen - und dem Publikum, das sie für dumm verkaufen, zu blöde halten, die präsentierten Fakes, Lügen und Halbwahrheiten zu überprüfen.

 

Das Publikum für dumm verkaufen

 

Es ist ein Lehrstück über die Kunst der Manipulation, über echt und falsch, Schein und Wirklichkeit, passenderweise am Beispiel des Geschmacksbetruges, mit Hilfe eines Stoffes, der direkt im Gehirn wirkt, und zwar auf die Sinne, die Wahrnehmung, die Urteilskraft.

 

Glutamat: Jener Stoff, der den berühmten „Umami“-Geschmack auslöst, eine würzige Note, die man von Tomaten, Parmesan, Bratensauce kennt, ist eigentlich ein natürlicher Nahrungsbestandteil, in echten Lebensmitteln enthalten, sogar in der Muttermilch. Es ist ein lebensnotweniger Botenstoff, vor allem im Gehirn, der in Überdosis allerdings verheerende Schäden anrichten kann.

 

Und die Dosis steigt. Über vier Millionen Tonnen zugesetztes Glutamat schlucken die Menschen aktuell weltweit im Jahr, eingestreut von der Foodindustrie, um Rohstoffe einzusparen und Geschmack vorzutäuschen.

 

Die Folgen treffen Milliarden von Menschen auf unserem Planeten. Wissenschaftler aus aller Welt fördern immer neue Erkenntnisse zutage - und auch Bedenken.

 

Krank durch Glutamat

 

Eine internationale Forschergruppe hatte voriges Jahr die Verdachtsmomente bei einer „übermäßigen Verwendung“ in der Nahrung zusammengefasst, in einer eindrucksvollen Liste, darunter Fibromyalgie, den quälenden chronischen Schmerz, die gesteigerte Bildung von Blutplättchen, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen können, auch Vorhofflimmern, zudem Nierenschäden, erhöhte Blutzuckerwerte und damit ein erhöhtes Diabetesrisiko.

 

Auch neurodegenerative Erkrankungen gehören dazu: Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, Chorea Huntington, Amyotrophe Lateralsklerose und Multiple Sklerose. Und unerträglicher Schwindel, wie Düsseldorfer Mediziner berichten.

 

Er soll überdies das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen und sogar schädliche Wirkungen haben auf die Fortpflanzungsorgane, bei Männern und Frauen.

 

In China, wo das weiße Geschmackspulver bekanntlich besonders beliebt ist, haben in diesem Jahr gleich mehrere Forschergruppen Wirkungen auf den Darm untersucht, heilsame und schädliche.

 

Um eine mögliche Rolle bei Darmkrebs ging es einer Wissenschaftlergruppe aus Saudi-Arabien. Und eine indische Studie meinte, Glutamat sei ein „stiller Killer von Immunzellen“. Der Darm ist bekanntlich das Hauptquartier der Immunabwehr, und Glutamat ist auch dort ein wichtiger Botenstoff.

 

Geschmacksverstärker als Masthilfsmittel

 

Der Stoff kann auch das Gewicht steigern, was manchmal sogar erwünscht ist, etwa bei der sogenannten Tierproduktion. Forscher aus Kamerun und dem Kongo beschäftigten sich deshalb mit dem Einsatz von Glutamat als Masthilfsmittel bei Hähnchen, Brasilianer bei Ferkeln.

 

Wegen zunehmender Bedenken und steigender Dosis forderte sogar die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa strengere Grenzwerte beim Einsatz. 

 

Für die Produzenten und Profiteure der Geschmacksmanipulationen wäre höchst gefährlich, wenn die Gesetze  verschärft werden. Denn Glutamat ist auch Big Business, ein Milliardengeschäft mit jährlichen Wachstumsraten von 7,6 Prozent.   

 

Und so kämpft die Glutamat-Lobby verbissen um ihr Geschäft, rund um den Globus, mit harten Bandagen, gekauften Professoren, fragwürdigen Papieren, auf die sich dann die tonangebenden Medien gern beziehen.

 

 Eine tolle Geschichte

 

So wie die beliebte Mai Thi, der Wissenschaftsheldin von ARD & ZDF.  Sie hat die tollste Geschichte, und es ist sogar eine wahre Geschichte - jedenfalls zur Hälfte. 

 

Die Nachwuchsexpertin der milliardenverwöhnten deutschen Medienanstalten hat davon in einem Internetmagazin gelesen, von der amerikanischen Colgate-Universität (ja, die gibt’s echt, und sie hat tatsächlich auch was mit der Zahnpasta zu tun).

 

Diese unglaublich schockierende Hammer-Story handelt von jenem Mann, mit dem alles begonnen hat, nachdem er über seine Besuche im China-Restaurant berichtet hatte, und die Folgen: unter anderem Kopfschmerzen, Taubheitsgefühle im Mund, Kribbeln am Hals.

 

Er stammte selbst aus China, war Arzt in Amerika, arbeitete sogar an einer staatlichen US-Forschungseinrichtung, und sein Bericht erschien in einem weltweit renommierten Medizinjournal.

 

Der Beitrag sorgte für einiges Aufsehen, viele weitere Berichte von Kollegen erschienen, auch andere Forscher beschäftigten sich mit Glutamat-Folgen. Sogar die New York Times griff das Thema auf.

 

Jetzt, Jahrzehnte später, kam besagtes Magazin der Colgate-Universität mit der absoluten Sensation heraus: Jenen Mann, den Entdecker und Erstbeschreiber des „Chinarestaurant-Syndroms“, Dr. Robert Ho Man Kwok, soll es gar nie geben haben.

 

Alles nur ein übler Scherz? 

 

„Passt auf“, sagt Mai Thi zu ihren Fans im öffentlich-rechtlichen ARD&ZDF-Kanal, und gibt wieder, was sie im Colgate-Magazin gelesen hat, dass nämlich der legendäre Erfahrungsbericht des Dr. Robert Ho Man Kwok nur ein Scherz gewesen sein, also nur so „eine Art Troll-Post“.  

 

Sie erzählt von einer Colgate-Forscherin, auf deren Mailbox sich eines Tages eine Nachricht fand, von einem älteren Herr, der sich als Dr. Howard Steel vorstellte, eine „Überraschung“ ankündigte und behauptete: „Ich bin Dr. Ho Man Kwok.“ Er hätte alles frei erfunden, auch die Geschichte vom Chinarestaurant-Syndrom, wegen einer Wette um 10 Dollar.

 

Für Mai Thi ist das: der „Knaller“ (9.20).

 

Der Auslöser der ganzen weltweiten Aufregung um diesen Geschmackverstärker: ein Fake-Auftritt! Der Kronzeuge: ein Phantom! Sein Syndrom: ein Phantasiegespinst!

 

So scheint es jedenfalls, für die Colgate-Leute, und auch für Multi-Expertin Mai Thi.

 

Phantome und Phantasiegespinste

 

Sie setzt noch eins drauf: Viele der Reaktionen im angesehenen Medizinerjournal seien ebenfalls „nur, ja, Herumgetrolle“ gewesen (11.00), manches auch „mit 'nem Augenzwinkern geschrieben“ (09.06), über frei erfundene „Fake-Symptome“, um sich „darüber zu amüsieren.“

 

Die ganzen Glutamat-Folgen für die Gesundheit – alles nur Fata Morgana?

 

Obwohl es bergeweise wissenschaftliche Literatur gibt? 

 

So stellt das Mai Thi dar. Und diesen Eindruck möchten auch andere Medien erwecken.

 

So behauptete der Spiegel:  „Studien“ könnten „die zerstörerische Wirkung des Geschmacksverstärkers“ bislang „nicht eindeutig nachweisen.“ Und stützte sich dabei auf einen Professor aus Kaiserslautern namens Gerhard Eisenbrand, einen zweifelhaften Gewährsmann, langjähriger Funktionär einer Industrie-Lobbytruppe, die unter anderem vom Glutamat-Weltmarktführer Ajinomoto getragen wird.

 

Glutamat-Angst unbegründet? 

 

„Angst vor Glutamat im Essen ist unbegründet“, titelte das WDR-Magazin Quarks. Und die Welt sekundierte: „Das berühmte ‚Chinarestaurant-Syndrom‘ gibt es gar nicht“.

 

»In Hunderten Studien konnte nicht ein einziger Hinweis gefunden werden, dass Glutamat dem Menschen schadet«, kolportierte  der Wiener Standard und berief sich auf einen Professor, der unter anderem für den Aromenhersteller Symrise forschte.

 

Das beliebteste Argument der medialen Glutamat-Verteidiger: Sogenannte „Doppelblindstudien“ hätten angeblich keine Effekte durch den Geschmacksverstärker nachgewiesen.

 

Das Problem ist nur: Es waren gar keine echten Doppelblindstudien, bei denen die Versuchspersonen entweder den zu untersuchenden Stoff bekommen oder eine wirkungslose Kontrollsubstanz („Placebo“).

 

Als vermeintliches Placebo gab es bei diesen Glutamat-Studien eine Substanz, die ganz ähnliche Effekte hat: den Süßstoff Aspartam. Wenn aber beide Substanzen ähnlich wirken, ist die Aussagekraft der Studie  gleich null.

 

Die gekaufte Expertenrunde

 

Das räumte auf Anfrage sogar der hierzulande engagierteste und einflussreichste Glutamatverteidiger ein, Professor Hans Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim: Dass »die Placebos im Grund genommen keine echten Placebos waren“.

 

Und er war immerhin Organisator einer legendären Expertenrunde, die den Geschmacksverstärker in allen Anklagepunkten freisprach und die Diskussion jahrelang dominierte – bestellt und bezahlt vom Glutamat-Weltmarktführer Ajinomoto und dem Verband der europäischen Glutamathersteller COFAG (Comité des Fabricants d’Acide Glumatique de la Communauté Européenne), was damals allerdings niemand wusste (siehe Hans-Ulrich Grimm: Dumm gegessen).

 

Mittlerweile gibt es eine aktualisierte Fassung (»Update«), in der die beteiligten Professoren selbst eine tägliche Glutamatdosis von über 1,2 Kilogramm für einen Erwachsenen als harmlos erklären, entsprechend 16.000 Milligramm Glutamat pro Kilogramm Körpergewicht.

 

"Leider ein Fehler eingeschlichen"

 

Über ein Kilo Glutamat am Tag? Da sind sie vor lauter Begeisterung doch ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen. Es habe sich leider »ein Fehler eingeschlichen«, gestand auf Anfrage von DR. WATSON ihr Sprecher Peter Stehle, Professor in Bonn und damals Präsident der einflussreichen Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Statt 16.000 Milligramm müsse es heißen: 6000 Milligramm.

 

Nach der Intervention von DR. WATSON wurde die Angabe immerhin korrigiert.

 

Dieses Papier präsentierte auch Mai Thi (08.18). Von den Hintergründen hat die Starchemikerin in ihrem öffentlich-rechtlichen Umami-Fanvideo  leider nichts erzählt, auch nichts von dem – potenziell tödlichen - Irrtum bei der Dosis, nichts von Lobbyverbindungen der beteiligten Professoren.

 

So ist das auch bei anderen Quellen, die sie einblenden lässt. Sie zeigt die Überschrift – und verschweigt, was unten im Kleingedruckten steht: den „Zuschuss“ vom Lobbyverein International Glutamate Technical Committee zum Beispiel (8.18). Oder dass ihre Gewährsfrau (01.11) Direktorin eines Lobby-Instituts ist, das vom Glutamat-Weltmarktführer Ajionomoto unterstützt wird.

 

Was die sonst so redselige ARD&ZDF-Universalexpertin auch nicht erzählt hat: wie es weiterging mit der Geschichte aus dem Colgate-Magazin.

 

Der "Knaller" als Rohrkrepierer

 

Das berichten andere. Richtige Qualitätsjournalisten von der mehrfach preisgekrönten, sogar mit einem Pulitzerpreis ausgezeichneten US-Radioshow The American Life

 

Sie hatten zu ihrer Überraschung festgestellt, dass es das Institut, das jener Anrufer angeblich frei erfunden hat, tatsächlich gegeben hatte, die „National Biomedical Research Foundation“ in Silver Spring, Maryland. Das hatte auch Mai Thi festgestellt (10.41).

 

Aber: Dort hat es auch tatsächlich einen Dr. Robert Ho Man Kwok gegeben. Das hatte Mai Thi leider nicht gesagt. Denn damit hätte sich ihr toller „Knaller“ als Rohrkrepierer erwiesen.

 

Und genau so ist es: Mai Thi ist mit ihrer Räuberpistole zur Glutamat-Verteidigung leider auf Abwege geraten. Die Story vom erfundenen Kronzeugen, die sie in ihrem Video aufgetischt hat, nacherzählt aus dem Colgate-Magazin, war leider eine Lüge.

 

Die Wahrheit ist: Der Erstbeschreiber von Glutamat-Schäden ist kein Phantom. Es gab ihn tatsächlich. Er hieß wirklich Dr. Robert Ho Man Kwok, arbeitete nachweislich an jenem Institut, und mithin war auch sein Bericht über das „Chinarestaurant-Syndrom“ in der berühmten Medizinerzeitschrift New England Journal of Medicine authentisch.

 

Das ist die Faktenlage.

 

Bedauerlicherweise kann man ihn selbst nicht mehr fragen: Er ist 2014 gestorben. Aber seine Kinder leben. Und die Kollegen von seiner Forschungseinrichtung. Die Radioleute haben sie einfach angerufen, und darüber dann berichtet:

 

„Sie sagten alle, ja, Dr. Robert Ho Man Kwok hat den Brief geschrieben. Seine Tochter sagte, er sei stolz darauf gewesen. Dass er ein besorgter Arzt und ein neugieriger Wissenschaftler war, der oft solche Fragen stellte. Es war überhaupt kein Witz.“

  

Ein Witzbold und notorischer Lügner scheint hingegen jener Anrufer von der Mailbox gewesen zu sein, auf den sich auch Mai Thi berufen hatte: Howard Steel. Das war aus einer zuverlässigen Quelle zu erfahren – von dessen Tochter, Anna Steel.

 

Ihr Vater Howard sei einfach so gewesen. Er habe Witze erzählt, Geschichten, wahre und falsche, man konnte ihm nie ganz glauben. Alle hätten das gewusst, sagte Anna:  „Ich glaube nicht, dass jemand, der ihn kannte und liebte, überrascht gewesen wäre.“ 

 

Hereingefallen auf einen notorischen Lügner 

 

Also: Das war die Lüge. Ein Scherz, von einem lügenaffinen Witzbold. Und viele sind drauf reingefallen. Auch das Colgate-Magazin, das leider versäumt hat, dessen Behauptungen zu überprüfen. Und Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, die jene Lügengeschichte einfach weitererzählt hat.

 

Immerhin: Als die ganze Geschichte ans Licht kam, durch die professionellen Recherchen der preisgekrönten Radioleute, hat das Colgate-Magazin seinem Beitrag einen Warnhinweis vorangestellt, inklusive Link zum Radiobericht zum umstrittenen Thema Glutamat ("MSG", für Monosodiumglutamat), der die ganze Wahrheit zeigt:

 

"Seit der ersten Berichterstattung über diese Geschichte sind Informationen ans Licht gekommen, die die Rolle von Howard Steel in der MSG-Kontroverse in Frage stellen. Um mehr über diese faszinierende Geschichte zu erfahren, hören Sie sich die Episode Nr. 668 von This American Life an."

 

Bei der ARD&ZDF-Spitzenkraft Mai Thin fehlt so ein Hinweis.

 

Ihr Video steht weiter im Netz, mit der geballten Ladung Halbwahrheiten,  den Leerstellen bei den Fakten, den undeklarierten Lobby-Studien. Und der nacherzählten Lügengeschichte, plus eigener Falschaussage: „Es ist noch nicht mal sicher, ob es Robert Ho Man Kwok wirklich gab.“ (08.41)

 

Dabei war schon damals sicher, dass es ihn gab: Seine Kinder können es ja bezeugen.

 

Ob Mai Thi jetzt da bewusst gelogen hat, das ist von außen natürlich schwer zu beurteilen. Fakt ist: Was sie da sagt, ist nicht wahr. Denn an seiner Existenz kann es nach Faktenlage überhaupt keinen Zweifel geben.

Lügt sie da, oder irrt sie sich nur? Natürlich gab es den Herrn, der als erster das "Chinarestaurant-Syndrom" beschrieben hat: Seine Kinder sind sich da ganz sicher. (Screenshot: Youtube)

Was sie ebenfalls glatt unterschlagen hat: Das Urteil der wichtigsten Institution der Europäischen Union in Sachen Lebensmittelsicherheit zum Thema Glutamat. Kein Wort dazu im Video von Mai Thi. Keine eingeblendete Abbildung von jener Stellungnahme der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa, die erhebliche Bedenken geäußert hatte, sogar eine Verschärfung der „zulässigen Höchstwerte« gefordert.

 

Das Urteil der obersten EU-Lebensmittelwächter

 

Denn, so die Efsa-Experten: Die gesundheitlich akzeptable Glutamat-Dosis werde praktisch »von allen Bevölkerungsgruppen überschritten« -  von manchen sogar in einem Ausmaß, das „mit schädlichen Wirkungen verbunden“ sei.

 

Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen für die offiziellen EU-Lebensmittelwächter Kopfschmerzen, erhöhter Blutdruck, Herzprobleme, Schlaganfall, und gesteigerte Insulinwerte, die als Marker gelten für erhöhtes Diabetesrisiko.

 

Nicht zu vergessen: das berühmte Chinarestaurant-Syndrom, jener „Symptomkomplex“, der nach Konsum des umstrittenen Geschmacksverstärkers beobachtet werden kann.

 

Kein Phantom also, sondern ein echtes Problem.

 

Da ist die oberste EU-Behörde offensichtlich ganz anderer Auffassung als Mai Thi, die ARD&ZDF-Expertin für alles. 

 

Für sie kein Problem: Sie unterschlägt das Urteil der EU-Behörde einfach, das wichtigste Dokument zum Thema. Mut zur Lücke, an entscheidender Stelle: Wenn Fakten den eigenen Vorurteilen im Weg stehen.

 

Wird schon niemand merken. Und tatsächlich: Beim Hoffnungsträgerkanal von ARD&ZDF haben sie einfach alles durchgewunken, bis hin zum Urteilspruch: „Glutamat ist unbedenklich.“ Nicht im Namen des Volkes, oder aufgrund von Indizien, sondern eher von gefühlten Wahrheiten, nachgeplapperten Fake News, Einflüsterungen der Lobby.

 

Ein Fehlurteil, das Fakten leugnet, Risiken verharmlost, und die Opfer verhöhnt, bei denen die Problem-Zusätze mit den E-Nummern 620 bis 625 mit horriblen Schmerzen reagieren.

 

Sie können übrigens das Glutamat aus echten Lebensmitteln oft problemlos genießen.

  

Wie immer ist es so, dass der Organismus seine Versorgung selbst am besten regelt. Schließlich geht es um einen wichtigen Neurotransmitter, die Wahl der optimalen Dosis -  und zwar für alle.

 

Seine Bedürfnisse signalisiert der Körper wie üblich via Appetit und Gelüste. Und dann sind natürlich echte Lebensmittel die beste Wahl, möglichst naturnah, nach den Kriterien des innovativen NOVA-Konzepts.

 

Die Traditionelle Ernährung oder auch die Gourmet-Diät kennen auch zahlreiche Zubereitungsweisen, mit denen die Glutamatversorgung gesichert wird, Tomatensalat, beispielsweise, eine konzentrierte Sauce, Parmesan über die Pasta.

 

Wer’s mag, liebt so etwas. Wer nicht, lässt es stehen. In Sachen Ernährung ist es am besten, das Urteil dem eigenen Körper zu überlassen.