Preisfrage: Welche Butter ist die beste?
Sie hat mehr Vitamine als Salat, sie hält jung, schützt sogar das Klima – wenn die Kühe glücklich sind. Warum also die Hetze?
Sie hat mehr Vitamine als Salat, sie gilt sogar als Anti-Aging-Wunderwaffe, wird von Gourmets geliebt, ist unentbehrlich in der Haute Cuisine: die gute Butter. Ein wahres Superfood.
Doch nun ist sie, wieder einmal, unter Beschuss. Die derzeitige Regierung in Deutschland will die Werbung einschränken, und in Irland, Butterparadies seit 3500 Jahren, sollen sogar 200.000 Kühe getötet werden, wegen der Erderwärmung. Und Butter gilt schließlich als „Klimakiller Nummer 1“.
Das wiederum bringt viele auf die Palme, sogar Elon Musk hat dagegen protestiert, die armen, unschuldigen Tiere zu opfern. Auch Wissenschaftler widersprechen: Butter heizt die Welt nicht auf.
Der Krieg um die Butter geht in eine neue Runde. Butter-Bashing trendet wieder. Und auch das künstliche Konkurrenzprodukt, die Margarine, gewinnt neue Freunde, zumal in den Medien.
Bisher ging es vor allem um die Gesundheit. Butter galt als böse, da fetthaltig. Doch da ist die Forschung mittlerweile weiter, die Vorwürfe sind widerlegt, die Butter ist rehabilitiert, und auch das lange geschmähte Fett erfreut sich jetzt gesteigerter Wertschätzung.
„Sie können wieder Butter essen“, dekretierte die New York Times schon vor einigen Jahren, als Wissenschaftler den fachlichen Erkenntnisstand zusammengefasst und kein belastendes Material gefunden hatten.
„Die Butter ist zurück“, so das Fazit des Weltleitmediums damals („Butter ist back“).
Sie galt ja lange als ungesund, als Herzschädling, von den Medien heftig bekämpft: das Cholesterin! Gesättigte Fettsäuren!
Nun mussten die Wissenschaftler einräumen, „dass es einfach keine Beweise gibt, die die Annahme stützen, dass gesättigte Fettsäuren das Risiko für Herzerkrankungen erhöhen.“
Die ganzen Vorwürfe erwiesen sich als haltlos, lanciert von Konzernen aus niederen kommerziellen Beweggründen, gestützt auf korrupte Professoren, sogar gefakte Studien. Das alles haben mittlerweile unabhängige Forscherkollegen nachgewiesen, glasklar und zweifelsfrei, gestützt auf interne Dokumente der Industrie, publiziert in erstklassigen Wissenschaftsjournalen.
Nutznießer war vor allem die Pharmaindustrie, die mit sogenannten Cholesterinsenkern („Statinen“) Milliardenprofite einfuhr, sowie die Zuckerindustrie, die mit der Kampagne von den gesundheitsschädlichen Effekten des Süßproduktes ablenken konnte (siehe Hans-Ulrich Grimm: Food War).
Die Fakten aber sprechen für die Butter: Sie enthält tatsächlich mehr Vitamine als Salat, besonders viel von Vitamin A, das wichtig ist für die Sehkraft, auch das seltene Vitamin K, das nach allerneuesten Erkenntnissen Anti-Aging-Qualitäten haben, unter anderem gegen Alzheimer helfen soll. Zudem soll es die Aufnahme von Mineralstoffen fördern, an denen die Butter ebenfalls erstaunlich reich ist, wie Natrium, Kalium, Kalzium, Eisen, Zink.
Und dann sind da natürlich die wertvollen Fette, mittelkettige Fettsäuren etwa, die antimikrobiell wirken und wichtig für den Darm sind, die konjugierten Linolsäuren (CLA), entzündungshemmend und krebsvorbeugend, und die berühmten Omega-3-Fettsäuren, vor allem bei Grasfütterung enthalten: sie wirken intelligenz- und stimmungsfördernd.
Kein Wunder, dass dieses wertvolle Lebensmittel über die Jahrtausende immer beliebter wurde, auch bei Gourmets, wegen seiner geschmacklichen Qualitäten, die natürlich auf den gesunden Inhaltsstoffen basieren.
Schon von den Germanen geschätzt, war die Butter seit der Antike ein wichtiges Handelsgut, auch für die norddeutsche Hanse, die sie vom kühlen Skandinavien nach Süden brachte. In der französischen Haute Cuisine wurde sie zum tragenden Element, in der indischen Ayurveda-Tradition als Butterschmalz „Ghee“ zum Gesundheitselixier. In Tibet gilt Tee mit Yakbutter als Nationalgetränk, inspirierte die „Biohacker“ aus dem Silicon Valley sogar zum ihrem butterhaltigen „Bulletproof Coffee“, der als Brain-Booster wirken soll (siehe Hans-Ulrich Grimm: Echtes Essen).
Doch jetzt hagelt es wieder Attacken. Der Krieg geht in eine neue Runde. Das Schlachtfeld diesmal: das Klima. Und da soll die Butter ein monströser Schädling sein, der „Klimakiller Nummer 1“ sogar, oder schlimmer noch, eine „Klimasau“ (Ökotest).
Denn die Butter kommt von Kühen, diese rülpsen und furzen und setzen so Methan in die Welt. So die derzeitige Erzählung.
„Rinder sind deshalb so schädlich für das Klima“, glaubt zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung, „weil sie beim Wiederkäuen große Mengen Methan in ihren Mägen erzeugen. Ein potentes Treibhausgas, das vorne und hinten aus den Kühen in die Atmosphäre strömt.“
Doch so simpel ist es nicht, wenden Wissenschaftler ein.
Denn das Methan, das „vorn und hinten“ aus der Kuh strömt, werde auf natürlichem Wege in Kohlendioxid (CO2) umgewandelt, anschließend von Pflanzen aufgenommen, die dann wiederum von den Kühen gefressen werden. Kurz: ein vollkommen natürlicher Kreislauf.
Bei gleichbleibenden Tierbeständen „fügen wir der Atmosphäre keinen neuen zusätzlichen Kohlenstoff hinzu,“ sagt Frank Mitloehner, Professor an der Universität von Kalifornien in Davis: „Der Kohlenstoff, der von unseren Tieren in Form von Methan ausgestoßen wird, ist wiederverwerteter Kohlenstoff“. Damit komme es auch „zu keiner zusätzlichen Erwärmung“.
Eine Erkenntnis, die sich durchsetzen werde: „Dies ist eine totale Veränderung in der Erzählung rund um das Vieh. Und ich denke, dies wird die Erzählung in den kommenden Jahren sein.“
Mitloehner gilt als agrobusiness-affin, doch seine Einschätzung wird von unabhängigen, sogar von eher öko-orientierten Agrarfachleuten geteilt. Eine „weidebasierte Milchproduktion“ könne „zum Klimaschutz beitragen“, meint etwa Carsten Malisch, Spezialist für Viehfutter und Öko-Landbau an der Uni Kiel.
Mehr noch: Durch das Vieh auf der Weide gibt es nicht nur keine Extra-Erwärmung auf unserem Planeten. Der Grasboden wirkt sogar als Speicher für Kohlendioxid, nimmt stolze 1,8 Tonnen pro Tonne Humus auf. Die „Begrasung“, würde sogar „die CO2-Speicherung im Boden verstärken ", sagt Professor Hans-Otto Pförtner, Klimaforscher am Kieler Alfred-Wegener-Institut und Mitglied des Weltklimarats IPCC.
Also: Auch die Mär vom Klimakiller Butter kann als widerlegt gelten. Butter kann sogar als Klimaschützer gelten - wenn sie von glücklichen Kühen stammt.
Denn nicht die Butter ist das Problem, oder gar die Kuh. Das Problem ist die Massentierhaltung. Und zwar nicht nur für Umwelt, sondern auch für die Kuh und die Butter – und für die Menschen.
Für die Massentierhaltung werden Regenwälder abgeholzt, um dort Futter anzubauen, das artwidrig und ungesund ist für die Kühe, den Wert ihrer Milch schmälert, und damit auch der Butter. Und das ist natürlich auch schlecht für die Menschen und deren Wohlergehen.
Traditionelle, artgerechte Weidehaltung hingegen kann sogar zur Verringerung von CO2 in der Atmosphäre führen, sie steigert auch das Wohlbefinden der Kühe, den Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen in der Milch wie CLA und Omega-3-Fetten und dient damit auch dem Wohl von Umwelt, Tier und Mensch.
Umso tragischer, wenn ausgerechnet die irischen Kühe, die zumeist auf der Weide grasen dürfen, nun ihr Leben lassen müssen – als Opfer einer einseitigen und undifferenzierten Medienkampagne gegen die Butter, die Milch und die Tiere, die sie uns liefern.
Und die Kampagne richtet sich nicht nur gegen das edle Traditionslebensmittel Butter, sondern propagiert zugleich jenes künstliche Ersatzprodukt, das einst als minderwertiges Butter-Imitat für Arme erfunden wurde: die Margarine.
Die Tageszeitung (taz) singt ihr ein Loblied. Die Zeit („Nie wieder Butter?“) preist die vermeintlichen Klimavorteile des künstlichen Industrieprodukts. Und die Süddeutsche Zeitung phantasiert sogar von dessen angeblichen gesundheitlichen Vorzügen gegenüber der Butter, mit Hilfe einer Verbraucherzentralen-Ernährungsfachberaterin, die behauptet: „Margarine gilt ernährungsphysiologisch als wertvoller, da sie aus pflanzlichen Fetten hergestellt wird.“
Das ist natürlich Unsinn. Schließlich handelt es sich bei Margarine um ein komplett künstliches Chemieprodukt. Nicht einmal die die „pflanzlichen Fette“ sind natürlich, sondern ehemalige Öle, die bei der Margarineherstellung künstlich gehärtet, dadurch streichfähig gemacht und mit zahlreichen chemischen Zusatzstoffen aufgerüstet werden.
Etwa der Zitronensäure (E330), die den Zähnen und dem Gehirn schaden kann. Gefärbt wird mit Beta-Carotin (E160a). Zugelassen ist auch die Sorbinsäure (E200), der Süßstoff Neohesperidin DC (E959), außerdem Zusatzstoffe wie E322 (Lecithin), E385 (Calcium-Dinatrium-Ethylendiamintetraacetat), E470a (Natrium-, Kalium- oder Calciumsalze der Speisefettsäuren), E471 (Mono- und Diglyceride der Speisefettsäuren), E476(Polyglycerinpolyricinoleat) und viele andere.
Gesünder wird’s auch durch die zugefügten industriellen Vitamine nicht unbedingt, dem Vitamin E beispielsweise, das verhindern soll, dass die Fettsäuren ranzig werden, den Menschen aber, wenn es zuviel wird, schwächen, zu Krebs und vorzeitigem Tod führen kann.
Oder das Vitamin A, vom staatlichen deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als Hochrisikovitamin eingestuft, weil es bei chronischer Zufuhr „zu einer unerwünschten Verringerung der Knochendichte“ und bei hohen Dosen in der Schwangerschaft sogar „zu Fehlbildungen beim Kind“ führen könne.
Noch gefährlicher kann es werden, wenn zudem jene Problemstoffe („Phytosterine“) zugesetzt werden, die das Cholesterin senken – aber nachweislich zu Herzproblemen führen können, wie das etwa im Falle von Becel ProActiv wissenschaftlich dokumentiert ist, weshalb sogar das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor unkontrolliertem Verzehr warnt (siehe Hans-Ulrich Grimm: Vom Verzehr wird abgeraten).
Die schädlichen Transfette hat die Industrie nach jahrzehntelanger Kritik offenbar reduziert – doch bei der Produktion entstehen weiter ungesunde Problemstoffe, die von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa identifiziert wurden: Sie gelten als giftig fürs Erbgut sowie krebserregend und tragen komplizierte Namen wie GE (Glycidyl-Fettsäureester) sowie 2-MCPD und 3-MCPD (2- und 3-Monochlorpropandiol).
Wie so ein künstliches Chemie-Konglomerat als gesund bezeichnet werden kann, ist natürlich ein großes Rätsel. Die Fakten sprechend jedenfalls nicht dafür.
Wobei gegen Pflanzenfette rein gar nichts zu sagen ist: „Dass wir alle Pflanzenfette essen sollten, ist klar“, meint deshalb auch DR. WATSON-Ernährungsberaterin Maike Ehrlichmann. „Nur: Man sollte sie als das essen, was sie sind, als Öle, ungehärtet, wie ein schönes, kaltgepresstes, ungefiltertes Olivenöl zum Beispiel.“
Oder andere Öle, es gibt schließlich viele, die gut sind und gesund. Wie im übrigen auch die Butter – wenn sie möglichst naturnah erzeugt wird: „Es spricht ja nichts gegen Butter, wenn‘s gute Butter ist, Biobutter, und die Tiere haben Gras oder vielleicht Kräuter gefressen, dann können die eben auch gute Fettkomposition haben, Omega-3-Fette zum Beispiel, auch die gesättigten Fette sind nicht unbedingt schädlich, ganz im Gegenteil.“
Dabei muss die Natur durchaus nicht immer im wilden Rohzustand bleiben. Die Lebensmittel können durchaus verbessert werden, kultiviert. Auch die gute Butter.
So scheint sich abseits des Medien-Mainstreams sogar so etwas wie ein neuer Butter-Kult zu entwickeln, ganz in der Tradition des kochenden TV-Veteranen und selbsternannten „Butterpapstes“ Horst Lichter („Mein Sternzeichen ist Sahne, mein Aszendent Butter.“)
Als Pioniere der neuen Bewegung können die „Butterboyz“ gelten, Moritz Oswald und Fabio Cestari de Mesquita, die beide in edelsten französischen Sternerestaurants die Hochküche kennengelernt hatten - und deren Geheimnisse („Butter, Butter, Butter“).
In Bayern haben sie dann ihren Butter-Tempel eröffnet: Aus guter Bio-Butter von einem kleinen Allgäuer Familienbauernhof machen sie noch bessere, mit Hilfe eines ausgeklügelten Verfahrens und einer eigens konstruierten Butterknetmaschine. Sie haben einen kleinen Laden, in dem sie ihre Spezialitäten verkaufen, liefern aber auch übers Internet. Kundschaft: hauptsächlich Spitzenköche, aber auch private Gourmets.
Sie kriegen so nicht nur beste Butter aufs Brot, sondern tun damit auch den engagierten Genusslieferanten einen Gefallen, den Kühen – und sogar der Umwelt sowie unserem Planeten.