Hefeextrakt ist ein beliebter Ersatz für den umstrittenen Geschmacksverstärker Glutamat. Das Produkt enthält von Natur aus Glutamat und kann daher nach Herstellerangaben bei empfindlichen Personen ähnliche Reaktionen hervorrufen, etwa das sogenannte Chinarestaurant-Syndrom. Zudem kann es dick machen. Zunächst enthielten vor allem Bio-Industrieprodukte das Erzeugnis (Bio), wie Tütensuppe, Brühen, Würzwürfel, doch auch die großen Konzerne nutzen es mit wachsender Intensität, zumal es ein Zusatzstoff ist, der in vielen Fällen nicht gekennzeichnet werden muss (Clean Label). Die Erfindung des Hefeextrakts ist ein frühes Beispiel für die Abfallfreie Lebensmittelwirtschaft.
Hefeextrakt ist in der freien Natur nirgends zu finden, gilt aber erstaunlicherweise gleichwohl als Naturprodukt, ja sogar als „Lebensmittel“.
Hefeextrakt hat eigentlich ein gutes Image, das allerdings ein bisschen gelitten hat, seit es als Glutamat unterm Tarnkäppchen gilt. Die medizinischen Fragen sind bei Hefeextrakt völlig ungeklärt. Es gibt keine Gesundheitsprüfung, keine Risikobewertung, keine Studien zu möglichen Gefahren. Hefeextrakt ist nie untersucht worden. Weil Hefeextrakt offiziell als Lebensmittel eingestuft wird, gilt eine Zulassung oder gar eine Gesundheitsprüfung als entbehrlich.
Die Hefeextraktfreunde rühmen sogar die gesundheitlichen Vorzüge, die Folsäure, das Vitamin B. Auch das ist nie gründlich untersucht worden oder gar abgewogen gegen mögliche Unverträglichkeitsreaktionen, von denen berichtet wird. Auch der Herstellerverband räumt ein, dass solche Reaktionen möglich sind: »Da Hefe Proteine enthält, können wir nicht ausschließen, dass es wegen dieser Proteine in besonderen Fällen zu allergischen Reaktionen kommt«.
Tatsächlich gibt es Erfahrungsberichte von Konsumenten, über teils heftige Nebenwirkungen: „Nach dem Konsum von Hefeextrakt bekomme ich heftigste Ausschläge am Hals und im Gesicht, nässend und fürchterlich juckend, diese dauern dann mehrere Wochen an, bis sie komplett verschwunden sind.“ So berichtet etwa ein Hefeextrakt-Opfer aus Süddeutschland. Aber wissenschaftlich dokumentiert sind die Auswirkungen nicht. Das Risiko für Allergien ist unerforscht.
Hefeextrakt wirkt offenbar ebenso wie Glutamat als Dickmacher, jedenfalls bei Schweinen: So ergab eine brasilianische Studie, dass kleine Ferkelchen mehr fraßen, wenn Hefeextrakt im Futter war (647 Gramm am Tag gegenüber 594), und auch mehr an Gewicht zulegten (519 Gramm gegenüber 486). Die Forscher erklärten die Steigerung durch veränderte Bedingungen im Verdauungstrakt und mithin geänderte Nährstoffaufnahme durch physiologisch wirksame Geschmacksstoffe im Hefeextrakt (die sogenannten Nukleotide).
Auf die Kritik an ihrem Hoffnungsträger reagieren die Nahrungskonzerne fast beleidigt. »Die Kritik an Hefeextrakt können wir nicht nachvollziehen«, sagt Nestlé. »Hefeextrakt ist kein geschmacksverstärkender Zusatzstoff oder Geschmacksverstärker, sondern ein klassisches Lebensmittel«, meint Unilever.
Die Wahrheit ist: Hefeextrakt gibt es in der Natur nicht. Auch hat der Herstellungsprozess mit Natur recht wenig zu tun. Beim Hefeextrakt wurden bisher zwei Herstellungsvarianten unterschieden, die sogenannte Autolyse, bei der hefeeigene Enzyme am Werk sind, und die Hydrolyse mit zugesetzten Enzymen oder Säuren.
Heute allerdings haben sich die beiden Varianten offenbar angenähert. Durch moderne industrielle Hightech-Enzyme kann der Prozess beschleunigt und damit verbilligt und überdies die Geschmacksproduktion gezielt gesteuert werden, sogar in unterschiedliche fleischähnliche Geschmacksrichtungen.
So gibt es jetzt Hefeextrakte vom Geschmackstyp Brathähnchen, Rinderbraten oder Hühnersuppe.
Erfunden worden war Hefeextrakt im Jahre 1902 in Großbritannien. Hauptproduzent ist die Marmite Food Company in Burton upon Trent, 215 Kilometer nordwestlich von London, von einer Familie namens Gilmour gegründet. Als Rohstoff dienten »Nebenprodukte« der nahen Bass-Brauerei, im Klartext: Abfälle.
Die Marmite Food Company, die heute zum Unilever-Konzern (Knorr, Magnum, Dove, Domestos) gehört, ist immer noch der bekannteste Hersteller der braunen Schmiere, die im anglophonen kulinarischen Kosmos Kultstatus genießt.
Üblicherweise wird Hefeextrakt aus Hefe hergestellt (Saccharomyces cerevisiae), der ordinären Backhefe, auch Bäckerhefe oder Bierhefe genannt. Doch die technischen Möglichkeiten sind bei diesem „Naturprodukt“ offenbar grenzenlos.
Die dänische Firma Novozymes, nach eigenen Angaben weltweit führend in Sachen Enzyme, hält zum Beispiel ein Patent (Nummer EP2097510A1) für ein ganz besonderes »Verfahren zur Herstellung eines Hefeextrakts« mithilfe eines Enzyms (einer sogenannten exogenen Protease).
Die Methode sei besonders »effizient« im Hinblick auf die »Produkt-Ökonomie der Hefeextrakthersteller«. Außerdem sei der Proteingehalt auf diese Weise besonders hoch, mithin der Geschmack besonders intensiv.
Zum Einsatz kommen dabei Kleinstlebewesen, Bakterien aus der Familie Nocardiopsis, beispielsweise Nocardiopsis alba (vormals Nocardiopsis dassonvillei).
Der technische Fortschritt macht es sogar möglich, dass auch völlig neue und noch preisgünstigere Rohstoffe genutzt werden, weiß »Eurasyp«, die Vereinigung der europäischen Hefeextraktproduzenten: »Manche Hefen werden auf Nicht-Lebensmittelsubstraten kultiviert, wie Abfällen aus der Papier- oder Holzindustrie.«
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Offiziell gelten Zusatzstoffe in industrieller Nahrung als unbedenklich. Wer also nur wenig davon isst und von robuster Konstitution ist, hat nichts zu befürchten. (Bei Allergien allerdings kann ein Milligramm vom Falschen schon tödlich sein.)
Chemisch hergestellte Additive sind, im Gegensatz zu normalen Zutaten wie Blumenkohl, Sahne oder Hähnchenfleisch, keine traditionellen Bestandteile eines Gerichtes oder Lebensmittels. Der Körper hat deshalb keine adäquaten, evolutionär eingeübten Mechanismen zu ihrer Verarbeitung.
Der Mensch braucht keine Zusatzstoffe. Nur die Industrie braucht sie.
Sie dienen dazu, das industrielle Essen geschmacklich oder farblich aufzuwerten – äußerlich. Buntere Brause, braunere Saucen, haltbarere Nudelsuppen, luftigere Kuchen, Brötchen mit einer Extraportion Brötchenduft, cremigere Quarks mit weniger Fett, Joghurts, in denen jedes Fruchtstückchen stabil an seinem Platz bleibt.
Das Ziel: Industrielles Essen soll attraktiver erscheinen. Und das möglichst lange (Shelf Life). Denn in der Welt der Fabriken und Supermärkte müssen die Nahrungsmittel billig sein und widernatürlich lange halten, was nur mit den Mitteln der Chemie möglich ist.
Viele industrielle Nahrungsmittel kommen nicht ohne Zusatzstoffe aus. Tütensuppen würden schnell schimmeln, Margarine ranzig werden, bei Fruchtjoghurts sich Fruchtzubereitung und Joghurt trennen. Das Fertig-Dressing für den Salat würde sich in die Bestandteile Kräuter, Essig und Öl auflösen.
Die chemischen Stoffe mit den E-Nummern sind für die industrielle Nahrungsproduktion unerlässlich.
Viele wurden eigens konstruiert, maßgeschneidert für die Bedürfnisse der Food-Fabriken, gleichsam am Reißbrett, als reine Designerstoffe, ohne jedes Vorbild in der Natur. Manche der verwendeten Substanzen kommen auch in der Natur vor – doch durch die Verwendung als Zusätze explodieren die Verzehrsmengen.
Und so werden die chemischen Zusätze im Essen für immer mehr Menschen zum Gesundheitsrisiko. Bei vielen Zusatzstoffen sind ab einer gewissen Menge Nebenwirkungen nachgewiesen – und sie wiegen weit schwerer als vermutet. Vor allem Kinder verzehren von solchen Zusätzen mehr, als ihnen gut tut (ADI).
Es sind Risiken, die der Mensch selbst geschaffen hat. Es sind keine Kontaminationen durch Verunreinigung oder Verderb, sondern absichtlich hinzugefügte Additive.
Die Zusatzstoffe in solchen Nahrungsmitteln dienen nicht den Konsumenten, sondern den Herstellern industrieller Nahrung.
Sie sollen in erster Linie die Haltbarkeitsdauer verlängern und die Kosten senken. Der menschliche Organismus braucht solche Chemikalien nicht. Einen gesundheitlichen Nutzen für die Verbraucher haben sie ebenfalls nicht. Viele der Zusätze können die Gesundheit gefährden.
So stehen etwa Geschmacksverstärker wie Glutamat in Verdacht, zu Krankheiten wie Alzheimer und Parkinsonbeizutragen. Farbstoffe können zu Hyperaktivität und Lernstörungen führen (ADHS). Auch Migräne kann von Lebensmittelzusätzen ausgelöst werden. Süßstoffe wie Aspartam stehen sogar unter Krebsverdacht. Konservierungsstoffe können den Darm schädigen und das Immunsystem stören. Zitronensäure kann die Zähne angreifen, außerdem schädliche Metalle wie Aluminium ins Gehirn transportieren. Industrielles Aroma kann dick machen. Phosphate können den Alterungsprozess beschleunigen und Krankheiten früher auftreten lassen wie Herzleiden, Bluthochdruck, die Knochenschwäche Osteoporose.
Überraschenderweise können sich die Effekte der einzelnen Chemikalien durch die gemeinsame Verabreichung vervielfachen. Das zeigte unter anderem eine Studie der Universität Liverpool mit den zwei Farbstoffen E104 (Chinolingelb) und E133 (Brillantblau), dem Geschmacksverstärker Glutamat (E621), und der Süßstoff Aspartam (E951).
Das Ergebnis: Die schädliche Wirkung der Zusatzstoffe auf das Gehirn (Neurotoxizität) addierte sich nicht, wie zu erwarten wäre, sondern vervielfachte sich. Eine Mischung aus dem blauen Farbstoff E133 und Glutamat (E621) etwa bremste das Zellwachstum nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, um 15,8 Prozent, sondern um 46,1 Prozent. Eins und eins ist bei Zusatzstoffen also nicht gleich zwei, sondern mitunter auch sechs.
DR. WATSON betrachtet die neuartigen Zutaten der Nahrung konsequent aus der Perspektive der Verbraucher. Die DR. WATSON Datenbank der Zusatzstoffe informiert nicht nur über die verwendeten Substanzen und ihre gesundheitlichen Folgen, sondern auch über ihre Verbreitung: Schließlich geht es um die individuelle Entscheidung der Konsumenten auf der Basis ihrer ganz persönlichen Vorlieben und Neigungen.
Das DR. WATSON Team wurde dabei von anerkannten Wissenschaftlern unterstützt und auch juristisch beraten. Die DR. WATSON Datenbank wird regelmäßig aktualisiert und erweitert. DR. WATSON ist unabhängig von fremden Interessen und Institutionen.
DR. WATSON informiert natürlich auch über die Alternativen. Über Bio-Lebensmittel, die Vorzüge klassischer Ernährungssysteme mit kleinen Bauern, Gärtnern, Köchen, die traditionelle Ernährung, etwa die mediterrane Kost, die als Königsweg gilt zu einem gesunden und langen Leben.
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So waren früher Mediziner und Behörden sehr besorgt über die chemischen „Fremdstoffe“ in der Nahrung, vor allem bei chronischer Aufnahme.
Mittlerweile hat sich die offizielle Haltung geändert.
Die Substanzen, die einst als „Fremdstoffe“ galten und sogar von den Fachleuten als „Gifte“ geschmäht wurden, wurden jetzt nicht nur rehabilitiert, sondern sogar geadelt. Obwohl Verbrauchertäuschung weiter offiziell verboten ist, gelten sie jetzt als „Stoffe zur Verbesserung von Lebensmitteln“ (im EU-Fachjargon: Food Improvement Agents). Zur Regelung des Umgangs mit diesen edlen Ingredienzen hat die Europäische Union ein ganzes Quartett aus Vorschriften erlassen, das „Food Improvement Agents Package“ (FIAP), bestehend aus vier Einzelverordnungen zu den unterschiedlichen Typen von Zusätzen.
Die Erkenntnisse über schädliche Effekte dieser „Stoffe zur Verbesserung von Lebensmitteln“ allerdings mehren sich.
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