Testosteron gilt als sogenanntes Männlichkeitshormon. Es sorgt für Aktivität, ja Aggressivität. Es fördert die Vernetzung von Hirnzellen, begünstigt den Informationsaustausch im Kopf, auch das räumliche Sehvermögen. Es kann im Alter absinken, aber nicht bei allen im gleichen Maße. Der Testosteronspiegel kann durch Medikamente beeinflusst werden, aber auch durch die Nahrung. Dabei ist nicht sicher, ob der Sexhormon-Level durch bestimmte Lebensmittel erhöht werden kann, wohl aber, welche Art von Nahrung ihn senkt.
„Testosteronmangel ist ein immer häufiger auftretendes Problem“, verkündete eine britische Fachgesellschaft. Zunehmend sind auch jüngere Männer betroffen. Insgesamt sollen es nach Schätzungen bis zu 13 Prozent sein – jeder achte also.
Ein sinkender Testosteronspiegel kann natürlich die Potenz beeinträchtigen und die Fortpflanzungsfähigkeit, aber auch der Figur schaden sowie Übergewicht begünstigen. Männer mit niedrigem Testosteronspiegel können interessanterweise schlechter einparken. Sie neigen zu Depressionen und der Zuckerkrankheit Diabetes, bekommen sogar Zukunftsangst.
Die männlichen Sexualhormone beeinflussen auch die Entwicklung von Penis, Bartwuchs, Stimme sowie das Wachstum von Muskeln und Knochen.
Die moderne Nahrung gefährdet den Testosteronspiegel in vielerlei Weise. Vor allem die Industrialisierung der Ernährung wird nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Problem für das männliche Geschlechtshormon. Aber auch bestimmte Trends, etwa zur vegetarischen und veganen Ernährung, auch eine Ernährung, die möglichst fettarm ist. Auch die Senkung von Cholesterin kann die Testosteronproduktion gefährden.
Diverse Inhaltsstoffe wirken nachweislich als Sexhormonkiller, etwa Soja und damit auch Tofu und viele Veggieprodukte. Verantwortlich seien hier insbesondere die wie weibliche Geschlechtshormone wirkenden Inhaltsstoffe Genistein und Daidzein.
Oder die industriellen Transfette. Sie stecken zum Beispiel in Margarine, aber auch in Popcorn, in Keksen, Chips und Pommes, Fertiggerichten: Sie erhöhen das Risiko für zahlreiche Krankheiten. Mehr als fünf der rund acht Milliarden Menschen auf unserer Erde sind nicht ausreichend davor geschützt, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Ebenso der Zucker, der heute zumeist nicht direkt verzehrt wird, sondern versteckt in einer Vielzahl von Supermarktwaren, vom Brot bis zum Brathering.
So kann der Zuckerbestandteil Glukose zu einem dramatischen Absturz bei den Sexhormonwerten führen, um bis zu 25 Prozent in nur zwei Stunden, wie US-Forscher ermittelt haben, was auch langfristig zu einer erheblichen Senkung des gesamten Testosteronspiegels führen könne.
Auch der vermeintlich gesunde „Fruchtzucker“ stört die Testosteronproduktion, wie Versuche mit Rattenjungs zeigten.
Das bedeutet: Auch Orangensaft, Apfelsaft, Granatapfelsaft, die ganzen fruchtzuckrigen Süßgetränke aus den langen Regalreihen im Supermarkt wirken ebenfalls mit beim Großangriff aufs Sex-System.
An der Spitze der Hormon-Attacke aber stehen zuckrige Süßgetränke wie Coca-Cola und Red Bull, die bei Jugendlichen besonders beliebt sind.
Je mehr sie davon schlucken, desto mehr geht es abwärts mit dem Sexhormon, so eine Studie über Softdrink-Konsum bei Männern im Alter von 20 bis 39 Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Die „Wahrscheinlichkeit eines niedrigen Testosteronspiegels“ ist demnach mit zunehmendem Konsum zuckersüßer Softdrinks „signifikant größer“. Zudem bewegten sich auch ihre die Spermien langsamer.
Das Problem verschärft sich, wenn die Softdrinks aus Dosen genossen werden. Denn diese enthalten oft, in der Innenbeschichtung, hormonwirksame Substanzen, die ebenfalls die Männlichkeit bedrohen können: Die sogenannten Hormonstörer („Endocrine Disruptors“), insbesondere die Plastikhormone.
Sie stecken häufig in Kunststoffverpackungen, den Innenbeschichtungen von Getränkedosen, den Kronkorken von Bierflaschen. Bisphenol A beispielsweise, oder die Phthalate können, nach einer Untersuchung der University of Rochester im US-Bundesstaat New York den Testosteronwert bei Männern um 22 Prozent senken.
Auch Pestizide können hormonstörende Wirkung entfalten, Potenz und Fruchtbarkeit gefährden, etwa das berühmt-berüchtigte und weltweit verbreitete Glyphosat des deutschen Chemie-Multis Bayer. Und sogar der umstrittene Geschmacksverstärker Glutamat wirkt als Testosteronsenker.
Eine massive Bedrohung sind auch jene Stoffe, die durch Erhitzung entstehen und in Industrienahrung allgegenwärtig sind: die sogenannten Advanced Glycation End Products (AGEs). Sie stecken in Fastfood, sogar schon in industrieller Säuglingsnahrung, in Babygläschen, auch in H-Milch und der länger haltbaren ESL-Milch, im Cappucino von Starbucks, im „Innocent“- Smoothie aus dem Hause Coca-Cola, in besonders üppiger Dosis in Fast Food und Softdrinks.
Diverse neuere Studien haben detailliert nachgewiesen, wie diese Altersbeschleuniger ganz direkt in den Produktionsstätten des Männlichkeitshormons angreifen, den sogenanntem Leydig-Zellen im Hoden, und dort die Herstellung drosseln.
Auch Ernährungsratschläge können die Männlichkeit gefährden: Etwa die jahrzehntelang massiv vertretene Empfehlung, weniger Fett zu essen, insbesondere weniger Cholesterin. Denn ausgerechnet diese Nahrungselemente werden für die Testosteronproduktion gebraucht, und wer sie dem Körper entzieht, etwa durch die einschlägigen Medikamente („Statine“), senkt damit nachweislich den Testosteronspiegel.
Auch mit speziellen Nahrungsmitteln kann das Cholesterin sehr effizient gesenkt werden, etwa der als vermeintlichen Herzschutzmargarine Becel pro.activ. Dass die darin enthaltenen Pflanzenhormone (Phytosterine) den Testosteronspiegel senken, haben Tierversuche gezeigt, mit der männlichen Japanwachtel (Coturnix coturnix japonica).
Auch Medikamente können das Männlichkeitshormon gefährden, etwa Finasterid, ein Mittel gegen Haarausfall. Oder Metformin, die klassische Arznei gegen Typ-2-Diabetes, das schon als universelles Mittel fürs Anti-Aging gehandelt wird – aber leider den Männlichkeitshormonspiegel senkt.
Viele halten schon dagegen, mit direkten Hormongaben. Vielerorts ist Testosteron zu einer Art Alltagsdroge geworden. In Deutschland hat sich der Umsatz allein in den Jahren 2007 bis 2015 fast verdoppelt. In den USA hat sich die Zahl der Verschreibungen verzehnfacht, in Kanada stieg sie um das 40fache.
Testosteron soll der Booster schlechthin sein, das Befinden verbessern, zu Dynamik und neuem Schwung verhelfen. Es macht offenbar nicht nur aggressiv, sondern interessanterweise auch ehrlich. Es soll für Antriebsstärke sorgen, für Erfolgsorientierung, auch für Effizienz und Kreativität bei der Suche nach Lösungen.
Und es qualifiziert sich damit offenkundig nicht nur als Pusher im Privaten, sondern auch zur Steigerung der Performance im Job, gewissermaßen als »Viagra für den Sitzungssaal«, so der US-Sender ABC. Das Männlichkeitshormon kann allerdings auch dazu führen, dass männliches Gehabe zunimmt, Angriffslust und Kampfbereitschaft.
Dabei ist mehr Männlichkeit ja nicht unbedingt in jedem Fall besser, mitunter sogar: toxisch. Sogar für die Männer selber. Sie sterben bekanntlich in vielen Weltgegenden früher. Und Extra-Testosteron kann zu Herzinfarkt und Schlaganfall sowie allzu frühem Tod führen, wie eine im Fachblatt Journal of the American Medical Association veröffentlichte Studie ergab, die sich mit den Folgen von Testosteron-Therapien bei 1223 Armee-Veteranen beschäftigt hatte.
Tatsächlich gibt es zahlreiche Studien, die auf massive Nebenwirkungen hinweisen: Zu Herzinfarkten und Schlaganfällen kommt auch noch Haarausfall, möglicherweise Krebs an der Prostata.
Und Extra-Testosteron kann auch zu noch schneller schwindender Männlichkeit führen, weil der Körper versucht, die Balance wiederherzustellen, zwischen femininen und maskulinen Anteilen im Mann.
So führt eine solche hormonelle Verjüngungskur paradoxerweise dazu, dass die Produktion von Spermien gebremst wird, warnte eine Arbeitsgruppe um Jared L. Moss von der Universität Knoxville (Tennessee) in der Zeitschrift Fertility and Sterility.
Sogar ein Phänomen namens Gynäkomastie ist möglich. Der Busen des Mannes. Inklusive Sekretion: die Muttermilch des Mannes.
Sinnvoller ist es mithin, mit sanfteren Methoden gegenzuhalten.
Für die Produktion von Testosteron braucht es zum Beispiel Eiweiß, Zink und Vitamin B 6. Eiweiß ist bekanntlich nicht nur in Fleisch enthalten, sondern auch in Quark und Joghurt, in Linsen, Nüssen, Reis und Weizen. Zink ist enthalten in Haferflocken, Weizenkeimen, Pfifferlingen oder Hartkäse. Ferner in Nüssen, Austern und Krustentieren. Und: in Hefeweißbier. Das scheint ohnehin ein veritabler Rohstofflieferant fürs Männlichkeitshormon zu sein, denn es enthält auch Vitamin B 6, und es schmeckt entschieden besser als die Hefeflocken, die Ernährungsexperten gern als B 6-Lieferanten empfehlen.
Echtes Essen also scheint die Testosteronproduktion zu sichern. Eine schlanke Gestalt übrigens ebenso: Einer britischen Studie mit 696 Testmännern zufolge hatten Dicke um bis zu 30 Prozent weniger vom Sex-Hormon im Blut als die Dünnen.
Sie zeigte auch, dass Raucher offenbar einen höheren Spiegel haben: Mehr als zehn Zigaretten pro Tag brachten 15 Prozent mehr Testosteron. Wobei unklar ist, ob Rauchen die Hormonproduktion ankurbelt, oder mehr Männlichkeit zur Zigarette (oder gar Zigarre) greifen lässt.