Surimi kennt kaum jemand, doch fast jeder hat es schon gegessen, mit einer Pizza oder in einem Meeresfrüchtesalat: Es sind die kleinen weißen Stückchen mit rötlichem Überzug, die ein bisschen nach Meer schmecken und aussehen wie Garnelen oder Teile vom Hummer. Die Surimi-Stückchen sind aber bloß Imitate, Ersatzstücke, aus billigen Rohstoffen hergestellt. Als Rohstoff für Surimi finden viele Meeresbewohner Verwendung: der Seelachs etwa oder der Mintai, ein naher Verwandter des Dorschs, oder auch der Krill, der winzige Leuchtkrebs, der nach Schätzungen von Meeresforschern gewichtsmäßig das Tier mit dem weltweit größten Bestand ist. Zum Problem können natürlich die bei der Umformung eingesetzten Zusätze werden, vor allem für Menschen mit Allergien.
In Amerika wurden die ersten Import-Surimis aus Japan 1980 gesichtet, 20 Jahre später lag der Verbrauch bei 75 000 Tonnen. Wieder 20 Jahre später bei weltweit 800.000 Tonnen, wofür drei Millionen Tonnen Rohstoffe gebraucht werden, was drei Prozent der weltweiten Fischerei-Ernte entspricht.
Der Konsum steigt nach Branchenangaben stetig, in Asien, auch in Europa, in Deutschland beispielsweise.
Surimi gilt bei Branchen-Insidern schon als „Hotdog des Meeres“, auch weil dabei ähnliche Technologien und Zutaten zum Einsatz kommen. Die Rohmaterialien werden zerlegt, gepresst und aromatisiert, transformiert in standardisierte Blöcke aus zerkleinertem Fischfleisch ohne fischtypischen Geschmack und dann in kleine Surimi-Stückchen zerteilt. Hinzugefügt werden, neben Zucker und Salz sowie Stärke und Sojaprotein auch Feuchthaltemittel, Sorbit (E420), Konservierungsstoffe wie die gefürchteten Phosphate, Enzyme wie die berühmte Transglutaminase als Klebstoffe Farbstoffe, Aroma und Geschmacksverstärker wie Glutamat.
Surimi kann als Krebsfleisch-Darsteller eingesetzt werden, als Tintenfisch-Imitator, als Pseudo-Garnele oder als Schein-Krabbe. Es kann aber auch, in veränderter Verkleidung, in der Fleisch-Szene auftreten, etwa als Würstchen oder gar Hotdog. Es gibt sogar schon Imitate fürs Imitat: Surimi-Ersatz aus Hähnchenfleisch.
Natürlich ist das alles völlig legal, und zwar weltweit, dank entsprechender Freigaben des Codex Alimentarius, jener Unterorganisation der Vereinten Nationen, die als Weltregierung in Sachen Lebensmittel gilt und sogar eine amtliche Definition für das Kunstprodukt geschaffen hat:
„‘Gefrorenes Surimi‘ ist die gängige oder übliche Bezeichnung für ein Fischproteinprodukt zur Weiterverarbeitung, das durch Köpfen, Ausnehmen, Reinigen von frischem Fisch und mechanisches Trennen des essbaren Muskels von Haut und Gräten hergestellt wird. Der zerkleinerte Fischmuskel wird dann gewaschen, verfeinert, entwässert, gemischt mit kryoprotektiven Lebensmittelzutaten gemischt und eingefroren."
„Kryoprotektiv“ sind Substanzen, die Zerstörungen an den Zellen durch Einfrieren und Auftauen verhindern. Gebräuchlich sind Glycerin (E422) oder Dimethylsulfoxid (MDSO), ein organisches Lösungsmittel.
Zum Problem kann das chemisch aufgerüstete Imitat für Menschen mit Allergien werden: Für sie sei Surimi »besonders problematisch«, mahnte das Bundesgesundheitsblatt in einem Artikel über »versteckte Allergene«: Das Meeresfrüchte-Mischerzeugnis sei »beispielsweise in Fleischwaren zu finden oder als Pizzabelag, wo es auch noch allergen sein kann«.
Als Allergie-Auslöser gilt etwa Karminrot (E120), der Farbstoff, der für die hummerartige Farbe sorgt. Auch Ei-Allergiker müssen sich in Acht nehmen, wenn sie Surimi zu sich nehmen, warnen Allergologen.
Eigentlich müsste das Erzeugnis auf dem Etikett genannt werden, und zwar vorne (etwa: „Meeresfrüchtemischung mit Surimi“; eine Offenlegung bloß hinten in der Zutatenliste genügt nicht.
Natürlich wird das oft umgangen, etwa in der Pizzeria. Bei einer Stichprobe fand die Hamburger Bundesforschungsanstalt für Fischerei schon 1994 in sieben von zehn Garnelenfleisch-Proben Surimi.
1999 notierte der Landrat des nordrheinwestfälischen Kreises Mettmann in seinem Lebensmittel-Überwachungsbericht etwas säuerlich: »Auf einem Marktschreier-Festival wurde ein Surimi-Erzeugnis (Krebsfleisch-Imitat) irreführend als ›Italian Krebsfleisch‹ angeboten.«
2014 berichtete die baden-württembergische Lebensmittelüberwachung: „Von 18 Proben mit der Auslobung „Meeresfrüchte“ haben wir 9 Proben (= 50 %) wegen Irreführung beanstandet, da nicht auf die Verwendung von Surimi hingewiesen wurde.“
Mittlerweile bekommt das Imitat schon Konkurrenz durch neue Imitatoren, weißen Geflügelfleischresten, die mit der erfolgreichen Surimi-Technologie nach vorn drängen, und zwar in einer ganzen Reihe von Einsatzfeldern, wie eine Studie zum Thema freudig verkündet: „Geflügelsurimi kann als Haupt- oder Nebenbestandteil in Würstchen, Burgern, Nuggets, Kebabs, Pasteten, gekochtem Fleisch in Scheiben, reformiertem Fleisch und anderen Produkten verwendet werden.“
Sogar Surimi selbst wird durch Geflügel imitiert oder auch gestreckt. So kann Fischfleisch wie der Alaska-Seelachs vermischt werden mit ansonsten unverwertbarem Brustfleisch verstorbener Legehennen, oder aber abgekratzten Fleischresten von ausgebeinten Knochen.
Imitiertes Krabbenfleisch-Imitat: Ein neues Kapitel im großen Projekt Abfallfreie Lebensmittelwirtschaft.
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Offiziell gelten sie als unbedenklich. Doch es kommt natürlich auf die verzehrten Mengen an. Die steigen seit Jahrzehnten steil an - und damit auch die Risiken.
So stehen etwa Geschmacksverstärker wie Glutamat in Verdacht, zu Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson beizutragen. Farbstoffe können zu Hyperaktivität und Lernstörungen führen (ADHS). Auch Migräne kann von Lebensmittelzusätzen ausgelöst werden. Süßstoffe wie Aspartam stehen sogar unter Krebsverdacht. Konservierungsstoffe können den Darm schädigen und das Immunsystem stören. Zitronensäure kann die Zähne angreifen, außerdem schädliche Metalle wie Aluminium ins Gehirn transportieren. Industrielles Aroma kann dick machen. Phosphate können den Alterungsprozess beschleunigen und Krankheiten früher auftreten lassen wie Herzleiden, Bluthochdruck, die Knochenschwäche Osteoporose.
Überraschenderweise können sich die Effekte der einzelnen Chemikalien durch die gemeinsame Verabreichung vervielfachen. Das zeigte unter anderem eine Studie der Universität Liverpool mit den zwei Farbstoffen E104 (Chinolingelb) und E133 (Brillantblau), dem Geschmacksverstärker Glutamat (E621), und der Süßstoff Aspartam (E951).
Das Ergebnis: Die schädliche Wirkung der Zusatzstoffe auf das Gehirn (Neurotoxizität) addierte sich nicht, wie zu erwarten wäre, sondern vervielfachte sich. Eine Mischung aus dem blauen Farbstoff E133 und Glutamat (E621) etwa bremste das Zellwachstum nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, um 15,8 Prozent, sondern um 46,1 Prozent. Eins und eins ist bei Zusatzstoffen also nicht gleich zwei, sondern mitunter auch sechs.
DR. WATSON informiert natürlich auch über die Alternativen. Über Bio-Lebensmittel, die Vorzüge klassischer Ernährungssysteme mit kleinen Bauern, Gärtnern, Köchen, die traditionelle Ernährung, etwa die mediterrane Kost, die als Königsweg gilt zu einem gesunden und langen Leben.
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